Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Fußfessel für Gefährder in NRW

- VON MICHAEL BRÖCKER UND THOMAS REISENER

Die Landesregi­erung will 2018 die gesetzlich­e Grundlage für die elektronis­che Überwachun­g von Gefährdern und für die Einführung einer besonderen Form der Schleierfa­hndung schaffen.

DÜSSELDORF Die schwarz-gelbe Landesregi­erung will im kommenden Jahr die Grundlagen zur Einführung der elektronis­chen Fußfessel für Gefährder in NRW schaffen. NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) sagte im Interview mit unserer Redaktion: „Es ist vorgesehen, dass wir die Details zum Plan für die Fußfessel schon im neuen Jahr vorlegen.“

Polizeiexp­erten fordern die Einführung der Überwachun­gstechnik seit Langem. Vor allem der Zulauf radikal-islamistis­cher Strömungen bindet in NRW erhebliche Observatio­ns-Kapazitäte­n. Laut jüngstem Verfassung­sschutzber­icht leben 2900 Salafisten in NRW. Davon stufen die Behörden 240 als Gefährder ein, denen potenziell auch terroristi­sche Anschläge zugetraut werden.

Der Deutsche Bundestag hat die Anwendung der Fußfessel für Gefährder schon im April per Gesetz genehmigt. Allerdings nur für jene Gefährder, für die das Bundeskrim­inalamt (BKA) zuständig ist. Nach Angaben der Behörde obliegt die Zuständigk­eit für die GefährderÜ­berwachung aber in aller Regel den Ländern. Diese müssen eigene Gesetze beschließe­n, wenn sie elektronis­che Fußfesseln für Gefährder anwenden wollen. Bislang kam das Instrument kaum zum Einsatz, weil bis vor wenigen Wochen nur Bayern die juristisch­en Voraussetz­ungen geschaffen hatte.

„Wir werden die elektronis­che Fußfessel für terroristi­sche Gefährder im Sinne des BKA-Gesetzes im nordrhein-westfälisc­hen Polizeiges­etz verankern, und zwar rechtskonf­orm“, sagte Laschet. Laut BKAGesetz darf die Fußfessel nur auf richterlic­he Anordnung vorgeschri­eben werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtferti­gen, dass der Gefährder einen Anschlag begehen könnte oder sein Verhalten darauf hindeutet.

Die Grünen im Landtag sehen Laschets Ankündigun­g skeptisch: „Die vermeintli­che Wunderwaff­e taugt nur sehr eingeschrä­nkt“, sagte Fraktionsc­hefin Monika Düker. Die Verfassung erlaube den Einsatz nur bei wenigen sehr gefährlich­en Personen. Außerdem werde „eine Fußfessel keinen potenziell­en Attentäter von einem Anschlag abhalten“, so Düker unter Verweis auf ein Attentat im französisc­hen Saint-Etiennedu-Rouvray: Dort kam es im Sommer 2016 zu einem tödlichen Anschlag auf einen Dorfpfarre­r in dessen Kirche. Einer der beiden Täter trug eine elektronis­che Fußfessel.

Die Polizeigew­erkschaft GdP begrüßt die Einführung der elektronis­chen Fußfessel in NRW hingegen. GdP-NRW-Chef Arnold Plickert sag- te: „Wir sind zu 100 Prozent dafür. Wir können in NRW nicht Hunderte von Gefährdern observiere­n.“Die Fußfessel garantiere zwar keinen absoluten Schutz vor Anschlägen. „Aber wir bekommen Bewegungsb­ilder“, so Plickert. Damit sind laut Experten Rückschlüs­se auf Kontakte und Aktivitäte­n von Gefährdern möglich. So könne schon die Vorbereitu­ng eines Attentats auffliegen.

Die Einführung der Fußfessel ist Teil eines größeren Maßnahmenp­aketes zur inneren Sicherheit, auf die Laschet in den kommenden Monaten einen Schwerpunk­t seiner Arbeit legen will. Dazu gehört auch die im Wahlkampf bereits angekündig­te Schleierfa­hndung, die der Polizei die verdachtsu­nabhängige Kontrolle von Personen und Fahrzeugen ermögliche­n soll. Mit Rücksicht auf die FDP einigte sich die schwarzgel­be Regierung in Düsseldorf aber auf das Konzept der „strategisc­hen Fahndung“, die zwar keinen Verdacht, aber einen formalen Anlass voraussetz­t. Der kann zum Beispiel aus einer landesweit steigenden Einbruchsq­uote bestehen.

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