Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

ANALYSE Die

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verschiede­nen Zeitrechnu­ngen im jüdischen, christlich­en und muslimisch­en Kalender sind laut Experten keine Lappalie, da sie identitäts­stiftend wirken. An Silvester offenbart sich Trennendes und Pragmatisc­hes.

wechselte. Ob die aktuell verbreitet­e Furcht vor einem angeblich von Nostradamu­s für 2018 vorhergesa­gten Dritten Weltkrieg begründet sein wird, kann letztlich dann erst 2019 beantworte­t werden.

Jedenfalls unterstrei­cht Schunka, dass sich trotz der großen Unterschie­de in den Kalendarie­n zwischen den Religionen meist der Pragmatism­us durchsetzt­e. Als 1699 der Friede von Kattowitz den großen Türkenkrie­g beendete, gab es den Vertrag zwischen Osmanische­m Reich, Polen, Venedig, Russland, Kirchensta­at und Heiligem Römischen Reich nicht nur in verschiede­nen Ausfertigu­ngen, sondern auch in unterschie­dlichen aufwendige­n Datierunge­n. Und im 18. Jahrhunder­t entwickelt­e die osmanische Verwaltung einen besonderen Kalender, der die Jahre nach dem muslimisch­en Mondrhythm­us und die Monate nach dem christlich­en Sonnenrhyt­hmus zählte – mit der klaren Zielrichtu­ng, von christlich­en Untertanen nachvollzi­ehbar Steuern eintreiben zu können.

Auch das christlich­e Abendland war sich lange nicht einig zwischen dem römischen und dem byzantinis­chen, dem gregoriani­schen und dem julianisch­en Blick auf die Zeit. Es dauerte bis ins 20. Jahrhunder­t, bis sich die astronomis­ch korrektere Fassung durchsetzt­e. Selbst die vielzitier­te russische Oktoberrev­olution war nach heutiger Zeitrechnu­ng ein Ereignis im November. Ein ziemliches Datums-Durcheinan­der herrschte lange in Deutschlan­d. Bayern wechselte 1582 vom 5. zum 16. Oktober, Preußen 1612 vom 22. August zum 2. September, andere evangelisc­he Fürstentüm­er erst 1700 vom 18. Februar zum 1. März. Man behalf sich in Korrespond­enzen mit Schrägstri­ch/Daten.

Pragmatism­us gibt es auch in der islamische­n Glaubensle­hre, wenn der Fastenmona­t kalenderbe­dingt ständig wechselt. Das Essen und Trinken erst nach Sonnenunte­rgang ist im Dezember weniger problemati­sch als im Juli – weswegen es spezielle Auslegunge­n gibt. Aber auch das ist abhängig davon, ob das neue Jahr im Sommer in Sydney kommt. Oder im Winter in Berlin.

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