Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Kalenderblatt 30. Dezember 1993
Die Beziehungen zwischen dem Vatikan und Israel waren lange nicht endgültig geklärt. 1904 hatte der Zionist Theodor Herzl den Vatikan besucht, um bei Papst Pius X. für die Idee eines jüdischen Staates zu werben – Pius hatte ihn abgewiesen und erklärt, die katholische Kirche könne ein solches Ansinnen nicht unterstützen. Auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zeigten sich vatikanische Diplomaten der Staatsgründung Israels gegenüber eher skeptisch. Selbst als sich unter Papst Paul VI. und der israelischen Ministerpräsidentin Golda Meir die Beziehungen zwischen den Staaten verbesserten, sprach der Vatikan in offiziellen Erklärungen stets vom „Heiligen Land“und vermied es, den Namen Israel zu benutzen. Unter Johannes Paul II. (Foto) verschlechterten sich die Beziehungen zunächst noch weiter, bis derselbe Papst 1984 erstmals offiziell vom Staat Israel sprach. Danach dauerte es noch weitere neun Jahre, bis der Vatikan Israel anerkannte. Am 30. Dezember 1993 wurde zwischen beiden Staaten ein Grundlagenvertrag verabschiedet. Die Unterzeichner verabredeten die Aufnahme diplomatischer Beziehungen und unterstrichen ausdrücklich die „einzigartige Natur“der Verbindung zwischen katholischer Kirche und jüdischem Volk; sie verpflichteten sich, gegen Antisemitismus und Intoleranz zu kämpfen. Im folgenden Jahr wurden die ersten Diplomaten entsendet.