Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Millionär undercover

- VON REGINA GOLDLÜCKE FOTO: PETER BOCKLAGE

Ein Unternehme­r, der sich als armer Teufel ausgibt, und ein Arbeitslos­er, der plötzlich hofiert wird – in der Komödie an der Steinstraß­e feierte Erich Kästners „Drei Männer im Schnee“eine umjubelte Premiere.

Manchmal passiert es im Boulevard-Theater, dass ein Abend vom ersten Moment an einen Zauber entwickelt und ihn nicht mehr verliert. Bei der Premiere von „Drei Männer im Schnee“in der „Komödie“war genau das zu erleben. Da wurde ein Klassiker auf die Bühne geholt, der mit seinem liebenswür­digen Charme kein bisschen entstaubt werden musste. Das liegt an der Qualität der Vorlage: Erich Kästner schrieb den gleichnami­gen Roman 1934 und lieferte auch das Drehbuch für die Verfilmung im Jahre 1955.

Fabian Goedecke setzte den Stoff mit sicherem Gespür für fein dosierte Pointen um. Als Regisseur und Hauptdarst­eller war er doppelt gefordert: Er spielt Dr. Fritz Hagedorn, einen arbeitslos­en Werbefachm­ann, der beim Preisaussc­hreiben von „Putz blank“den Glückstref­fer zog und zehn Tage in einem mondänen Alpenhotel verbringen darf. Als zweiter Gewinner wird ein gewisser Herr Schulze erwartet, von dessen wahrer Identität niemand erfahren soll: Es handelt sich um Geheimrat Tobler, den millionens­chweren Besitzer von „Putz blank“. Er will sich in rustikalen Klamotten und erkennbar mittellos in das Hotel schmuggeln, um den Menschen nahe zu sein. „Als armer Teufel will ich das Glashaus demolieren, in dem ich sitze“, sagt er.

Seinen treuen Diener Johann nimmt er mit, doch ist ihm strengsten­s untersagt, seinen Herrn anzusprech­en. Flugs wird ihm edle Kleidung verpasst und der richtige Auftritt als feiner Herr geprobt: „Beton in den Waden, Halbgefror­enes im Blick“, kommandier­t Tobler alias Schulze. Christof Düro als gemütvolle­r Geheimrat und der 1,99-Meter-Schlaks Michael Schäfer sind ein köstliches Gespann. Hausdame Kunkel (Ute Stein) würde den kuriosen Plan mit den vertauscht­en Rollen am liebsten verhindern. Auch Toblers Tochter Hilde (Kerstin Bruhn) ist skeptisch und versucht, das Schlimmste zu verhindern. Telefonisc­h informiert sie den Hoteldirek­tor über den getarnten Millionär, der als Preisaussc­hreiben-Gewinner anreist, gibt dessen Vorlieben durch (Ziegelstei­n im Bett, siamesisch­e Katzen), kommt aber nicht mehr dazu, seinen Namen zu nennen.

Im Grandhotel herrscht helle Aufregung. Ein exzentrisc­her Millionär! Inkognito! Der beflissene Direktor (Volker Conradt), der Portier (Sven Post) und der Page (eine Mini-Rolle für Wolfgang Ganzera, den Wirt im Theatercaf­é) treffen alle Vorbereitu­ngen. Vor lauter Eifer gehen sie gleich dem ersten „Putz blank“-Gewinner auf den Leim. Es ist aber Fritz Hagedorn, der sich bald über merkwürdig­e Zuwendunge­n wie drei fürchterli­ch kratzende Katzen wundert: „Gibt es hier in allen Zimmern Tiere?“Die Ankunft des echten Millionärs wird dagegen rüde kommentier­t: „Betteln und hausieren verboten!“Man will den Kerl so schnell wie möglich hinausekel­n, um die vornehmen Gäste nicht zu vergraulen. In seinem ungeheizte­n Dachstübch­en gefriert das Wasser in der Waschschüs­sel, und es ist so winzig, dass er sagt: „Scheint die Sonne rein, muss ich raus.“

Die Demütigung­en erträgt Herr Schulze fröhlichen Gemüts, fegt klaglos den Eingang und die Eisbahn und erledigt Botengänge. Mit Hagedorn freundet er sich an. Der versteht die Welt nicht mehr: „Sie werden schikanier­t, ich werde verwöhnt.“Zudem muss er sich der Avancen zweier weiblicher Gäste erwehren, die den vermeintli­chen Millionär aufdringli­ch umschwirre­n (Michaela Klarwein und Reinhild Köhncke). Aber dann entdeckt er auf der Sonnenterr­asse eine lieb- reizende junge Frau in Begleitung ihrer Tante, ist auf der Stelle schockverl­iebt und gesteht seinem Kumpel Schulze: „Die werde ich heiraten!“Er ahnt nicht, dass er dessen Tochter Hilde und Hausdame Kunkel begegnet ist, deren Ankunft den Geheimrat schwer erbost: „Ihr macht hier alles kaputt!“

Aber natürlich gibt es irgendwann ein Happy End. Die Zuschauer verfolgen die „Drei Männer im Schnee“mit großem Vergnügen: den drolligen Diener mit seiner wunderbare­n Komik, den gutmütigen Geheimrat, den begeisteru­ngsfreudig­en Hagedorn. In dieser warmherzig­en Komödie glänzen alle Schauspiel­er, und mit welchen Facetten Ute Stein die besorgte Hausdame versieht, ist ein Kabinettst­ückchen für sich. Ein Theaterabe­nd wie ein warmes Bad, dem man sich wohlig hingibt. Das Publikum lächelte beseelt und bedachte das Ensemble mit stürmische­m Beifall.

 ??  ?? Szene aus „Drei Männer im Schnee“: Millionär Tobler (Christof Düro) mit Diener Johann (Michael Schäfer), Hausdame Kunkel (Ute Stein) und Tochter Hilde (Kerstin Bruhn).
Szene aus „Drei Männer im Schnee“: Millionär Tobler (Christof Düro) mit Diener Johann (Michael Schäfer), Hausdame Kunkel (Ute Stein) und Tochter Hilde (Kerstin Bruhn).

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