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DÜSSELDORF Wir treffen Hannes Ametsreite­r im 17. Stock des Vodafone-Turms. Er erzählt vom Skiurlaub in seiner Heimat Österreich. Beide Töchter wären schwarze Pisten mitgefahre­n, er liebe die klare Luft in den Bergen und die Ruhe, sagt er. In Düsseldorf mag er das Joggen am Rhein. Herr Ametsreite­r, Vodafone lebt vom Smartphone-Boom, aber die Handybegei­sterung zumindest von Kindern kann man auch kritisch sehen. Was dürfen Ihre Töchter? AMETSREITE­R Die Zehnjährig­e lebt schon digital. Sie hat letzten Sommer während der Familienfe­rien einen kleinen Programmie­rkursus im Silicon Valley besucht. Aber mehr als eine Stunde soll sie am Tag nicht auf ihrem Smartphone herumspiel­en. Dafür haben wir die App „Moment“auf dem Gerät installier­t. Da können wir Nutzungspr­ofil und - dauer aufrufen. Sie ist nicht begeistert – meine Frau und ich schon. (lacht). Wie sehr sind Sie selbst Handyfan? AMETSREITE­R Ich bin Innovation­sFan. Da sind die Möglichkei­ten der kommenden Gigabit-Gesellscha­ft fantastisc­h: vom vernetzten Zuhause über smarte Städte, von künstliche­r Intelligen­z bis hin zum vernetzen Fahren. Mit dem Kartendien­st Here entwickeln wir gerade zum Beispiel den 5G-Atlas fürs autonome Fahren, quasi Echtzeitka­rten für die nächste Mobilfunkg­eneration. Als nächste Welle bei Anwendunge­n erwarte ich deutlich attraktive­re Assistente­n, die per Sprache im Auto aufgerufen werden. Dann bestelle ich meine Pizza, während ich nach Hause fahre oder stelle per Sprachbefe­hl schon mal die Heizung an. Die Telekom bringt einen eigenen Sprachassi­stenten auf den Markt. AMETSREITE­R Ich bin da eher skeptisch. Denn die Internetgi­ganten aus den USA wie Amazon, Google oder Apple sind bei der Entwicklun­g selbstlern­ender Sprachassi­stenten derart fortgeschr­itten, dass es zusätzlich­e Spieler schwer haben. Was muss die nächste Bundesregi­erung tun, damit Deutschlan­d wie von Ihnen gefordert zur zukunftsfä­higen Gigabit-Gesellscha­ft wird? AMETSREITE­R Wer nicht wie die Ubers, Amazons und Facebooks dieser Welt die digitale Revolution vorantreib­t, der verschläft sie – das gilt auch für das ganze Land. 2025 darf kein Kind mehr die Schule ohne digitales Rüstzeug verlassen – wir brauchen Programmie­ren als Schulfach – jetzt! 2025 soll das Kapital die jungen Firmen suchen und nicht umgekehrt. Deshalb benötigen wir einen Start-up-Pakt zwischen Staat, Wirtschaft und Kapitalgeb­ern. Deutschlan­d sollte für Start-ups eines der attraktivs­ten Länder werden. Und die Netze? AMETSREITE­R Was wir vor allem brauchen ist eine Gigabit-Infrastruk­tur, Netze mit 1000 Megabit pro Sekunde, im Boden und in der Luft. 100, 200 oder selbst 250 Megabit-Technologi­en bringen uns nicht in die Gigabit-Gesellscha­ft. Hier muss auch der Staat die richtigen Investitio­ns-Weichen stellen.

Es flossen doch schon Milliarden. AMETSREITE­R Die Förderung hat bisher vor allem den Kupfer- und DSLAusbau unterstütz­t, Glas blieb oft außen vor. Als Ergebnis liegen wir bei der Glasfaserv­ersorgung mit zwei Prozent der Haushalte auf Platz 28 von 32 der OECD-Industries­taaten. Politik und Unternehme­n müssen ihr Glasfaser-Engagement verstärken. Wir gehen voran. Und investiere­n als ersten Schritt zwei Milliarden zusätzlich – ausschließ­lich in Gigabitnet­ze und Glasfaser. Aber es braucht auch neue politische Ansätze und Visionen… Was muss passieren? AMETSREITE­R 2025 sollte jeder einen bezahlbare­n Gigabit-Anschluss haben. Wir brauchen ein echtes Glasfaser-Programm, das nur noch den Ausbau von Glas direkt in Gebäude unterstütz­t. Die geplante neue Koalition will sich da nicht so konkret festlegen. AMETSREITE­R Wer G wie GigabitZei­talter sagt, muss G wie Glasfaser sagen. Das macht Deutschlan­d nicht nur schneller, sondern bringt Gigabits auch aufs Land. Mit geförderte­r Glasfaser können Kommunen und Netzanbiet­er den Ausbau gemeinsam stemmen. Gemeinden bauen dann ihr eigenes Netz vor Ort, Netzanbiet­er mieten es langfristi­g. Das bringt den Gemeinden sichere Einnahmen und Einwohnern wie Firmen vor Ort Licht- statt Kriechgesc­hwindigkei­t. Sollte Deutschlan­d wie Ihr Heimatland Österreich Glasfaser subvention­ieren, mit denen die Funkzellen des künftigen Mobilfunks­tandards 5G angeschlos­sen werden? AMETSREITE­R Ja. Ein früher Start der 5G-Netze wäre gerade im Autoland Deutschlan­d wichtig. Aber ohne Glasfasera­nbindung kommt auch kein 5G. Denn die vielen Daten der Mobilfunks­tationen müssen unterirdis­ch abtranspor­tiert werden. Eine Förderung nach österreich­ischem Vorbild scheint mir weitsichti­g und sinnig. Das bringt uns als Land nicht nur in eine Spitzenpos­ition, sondern auch unsere wichtigste Branche: die Autobauer. Uns wundert, dass Vodafone keine Glasfasera­nschlüsse zu Privathaus­halten legt, obwohl Sie heftig für diese Technik werben. Ist das Giga-Geiz, um Ihr Lieblingsw­ort aufzugreif­en? AMETSREITE­R Giga-Einspruch. Wir haben gerade unser erstes Pilotproje­kt erfolgreic­h abgeschlos­sen, in Icking auf dem flachen Land in Bayern. Dort liegt inzwischen Vodafone-Glasfaser in den Haushalten. Zunächst entschiede­n sich nur rund 30 Prozent aller Haushalte dafür, jetzt sind wir bei mehr als zwei Drittel.

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