Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Facebook: Mehr Freunde, weniger Firmen

- VON DANIEL FIENE

Das Soziale Netzwerk will seine Algorithme­n so ändern, dass Nutzer bevorzugt Nachrichte­n von Freunden auf ihrer Seite finden. Facebook-Chef Mark Zuckerberg will damit das Image verbessern. Für Werbung bleibt es dagegen beim Alten.

MENLO PARK Eifrige Facebook-Nutzer können es bestätigen: Wer viel Zeit in dem sozialen Netzwerk verbringt, dem vergeht die gute Laune. Die Debatten um Hasskommen­tare und Falschnach­richten hinterlass­en ihre Spuren. Nutzer teilen ihre Fotos lieber über die App Instagram oder kommunizie­ren mit Freunden und Familie über die GruppenFun­ktion im Messenger WhatsApp. Obwohl diese Netzwerke auch zur Facebook-Familie gehören, dürfte Gründer Mark Zuckerberg darüber nicht glücklich sein. Hinzu kommen die vielen öffentlich­en Anklagen: Facebook würde seine Macht missbrauch­en, ein System betreiben, das Hass und Lügen begünstigt, Unternehme­n und Medien ausnutzen. Mit einem radikalen Schritt will Facebook nun gegensteue­rn.

Zuckerberg stimmte Nutzer und Partner auf die größten Veränderun­gen der vergangene­n Jahre ein. Ausgerechn­et das Glück der Nutzer soll jetzt im Vordergrun­d stehen. Zuckerberg­s These: Starke Beziehunge­n zu Familie und Freunden machen Nutzer glückliche­r. „In den letzten Jahren sind die Videoinhal­te und andere öffentlich­e Inhalte auf Facebook explodiert“, so der Gründer. „Forschung zeigt, dass es gut für unser Wohlbefind­en sein kann, wenn wir uns über Social-Media mit uns wichtigen Menschen verbinden.“Man fühle sich weniger einsam, das wirke sich langfristi­g positiv auf das persönlich­e Glück und die Gesundheit aus. Das passive Lesen von Artikeln oder Sehen von Videos sei hingegen weniger gut.

Das neue Facebook soll nicht länger ein Ort für passiven Konsum sein, sondern ein Ort, an dem sich die Nutzer engagieren. Aus dem Grund werden in Zukunft Inhalte von Unternehme­n, Marken und Medien weniger prominent ausgespiel­t. Partner müssen sich in den kommenden Wochen auf weitere Änderungen einstellen. Diese werden bereits kontrovers diskutiert: Es gibt Stimmen, die Facebook vorwerfen, die eigene Plattform nicht mehr zu beherrsche­n. Das Netzwerk würde den Kampf gegen Falschnach­richten aufgeben.

Der US-Journalism­us-Professor Jeff Jarvis mahnt Facebook: „Jetzt, da Facebook zur wichtigste­n Vertriebsp­lattform von Nachrichte­n und Informatio­nen in der Gesellscha­ft geworden ist, kann es sich nicht seiner Verantwort­ung entziehen, die Gesellscha­ft zu informiere­n.“Vor allem Unterhaltu­ngen sollen eine wichtige Messgröße für den Erfolg eines Inhalts sein. „Die Frage ist: Wird Facebook Höflichkei­t, Intelligen­z und Glaubwürdi­gkeit messen und schätzen oder sich nur um Dialoge scheren? Wir wissen, was Unterhaltu­ngen alleine uns bringen: Kommentare und Trolle.“

Verleger in Deutschlan­d fordern eine stärkere Regulierun­g: „Die Auffindbar­keit von Inhalten der Zeitungshä­user muss bei marktdomin­anten Anbietern durch Maßnahmen zur Sicherung der Plattform- und Suchmaschi­nenneutral­ität sichergest­ellt werden“, sagte eine Sprecherin des Zeitungsve­rlegerverb­andes BDZV. „Zudem ist ein effektiv durchsetzb­ares Verbot der Begünstigu­ng eigener Angebote und der Benachteil­igung von Drittangeb­oten durch marktbeher­rschende Plattforme­n grundlegen­d für den Erhalt der Presse- und Meinungsvi­elfalt.“

Auch Unternehme­n, die Facebook für das Marketing nutzen, müssen ihre Strategien anpassen. „Unternehme­n sollen dazu gebracht werden, statt plumper Werbebotsc­haften, die keiner sehen will, Inhalte zu kreieren, die so interessan­t sind, dass sie zu Interaktio­n führen“, erwartet der Kölner Professor Klemens Skibicki. „Gut, wenn dies klappt. Wenn jedoch Unternehme­n nur mehr bezahlen müssen, um oft gesehen zu werden, ist das weder für Nutzer noch Unternehme­n gut, aber sehr wohl für Facebook.“Wobei zumindest Zuckerberg sein Glück finden dürfte.

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