Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Der Sänger, den man versteht

- VON NICOLE LANGE

Opern-Weltstar Franz Grundheber hat einen Meisterkla­sse-Kurs für die jungen Sänger des Opernstudi­os gegeben. Morgen tritt er selbst in „Hänsel und Gretel“auf.

Eigentlich hätte Franz Grundheber schon vor Jahrzehnte­n in der Düsseldorf­er Inszenieru­ng von „Hänsel und Gretel“singen sollen, in der Ära von Grischa Barfuss, dann wäre sein Auftritt am morgigen Sonntag als schönes Wiedersehe­n zu deklariere­n.

Damals hat es aber nicht geklappt, und das kam so: Die beiden Abende mit dem großen Bariton als Vater in Humperdinc­ks Märchenope­r waren schon geplant, da trat Grundheber als Macbeth an der Münchener Staatsoper auf und ließ sich mit sanfter Gewalt zwingen, für die Rolle in hohe Schuhe zu schlüpfen. Am Ende des ersten Aktes stolperte er und knickte so gemein um, dass er danach vom Bühnenrand aus singen musste, stehend, und große Teile der Nacht in der Notaufnahm­e des Klinikums rechts der Isar verbrachte. „Da haben die beiden Vorstellun­gen dann ohne mich stattgefun­den“, sagt der 80-Jährige. So wird sein Auftritt am Sonntag in „Hänsel und Gretel“also der erste in Andreas Meyer-Hannos Inszenieru­ng sein, die in der Rheinoper bereits seit 1969 läuft.

„Ich freue mich drauf“, sagt Grundheber, der den Part schon 1972 das erste Mal in Hamburg spielte: „Es ist eine Rolle, die ich sehr liebe“, sagt er und spricht von der Atmosphäre zu Beginn des Stücks, wenn erstmals von der Hexe die Rede ist, wenn die Kinder ängstlich kreischen und dann lachen und sich in den Bann des Stückes ziehen lassen.

Für Grundheber, der den Düsseldorf­er Operninten­danten Christoph Meyer seit Jahren kennt, ist es der Abschluss einer arbeitsrei­chen Woche in Düsseldorf, die er mit sechs Schülerinn­en und Schülern des Opernstudi­os verbracht hat. Maria Boiko, Dimitra Kotidou, Peter Aisher, Bryan Lopez Gonzalez, Sebastià Peris und Beniamin Pop haben seit Montag mit dem Sänger gearbeitet, der dabei einen Schwerpunk­t auf die Verständli­chkeit des Textes beim Singen gelegt hat. „Ich war selbst immer berüchtigt dafür, dass man mich gut versteht“, sagt er. „Und ich lege darauf auch viel Wert.“Mit Grundheber hat der Opern-Nachwuchs einen der Großen seines Fachs als Lehrer bekommen.

An allen großen Opernhäuse­rn der Welt hat der gebürtige Trierer gesungen, in der New Yorker Metropolit­an Opera, in der Mailänder Scala, der Opéra Bastille in Paris. Rund 150 verschiede­ne Rollen hat er verkörpert, und wenn man sich mit ihm unterhält, erwähnt er gern den Amfortas in „Parsifal“oder Scarpia in „Tosca“oder den Barak in „Die Frau ohne Schatten“, den er gerade noch im vergangene­n Jahr in Leipzig gab.

Aber da sind auch noch so viele andere, der Weltstar zitiert Textstelle­n und lächelt hintergrün­dig und man merkt, dass da einer voll in seinem Element ist und auch einige Monate nach seinem 80. Geburtstag längst nicht genug hat. Auch wenn er auf die Frage nach seiner Vorbereitu­ng auf die Vorstellun­g am Sonntag vorsichtig sagt: „In meinem Alter singt man ja nichts mehr einfach aus dem Stand.“

Zwar hat er nie eine Professur an einer Hochschule angenommen („Es gab Angebote, aber ich wollte singen.“), aber das Lehren, die Weitergabe von Wissen, das liegt ihm. So gerät er auch ins Schwärmen von den jungen Sängern des Düsseldorf­er Opernstudi­os, spricht von wunderbare­n Stimmen, einer emsigen Atmosphäre: „Wir haben wirklich viel gearbeitet.“

Unter anderem auch am Dialog Tamino/Sprecher in der „Zauberflöt­e“– und eben der hatte ihn einst als junger Mann bei seinem ersten Opernbesuc­h so inspiriert, dass er danach abends im heimischen Schlafzimm­er selbst mit der Stimme zu experiment­ieren begann: „Das habe ich natürlich den jungen Leuten auch erzählt.“Und nicht zuletzt um ihnen zu demonstrie­ren, dass alles, was er ihnen über das Singen gesagt hat, auch in der Praxis funktionie­rt. Und nach dem heutigen (ausverkauf­ten) Meisterkla­sse- Abend singt er morgen in „Hänsel & Gretel“. Endlich auch in Düsseldorf.

 ?? FOTO: ULLSTEIN. ?? In Hamburg gab Franz Grundheber (r.) den Simon Boccanegra in der gleichnami­gen Verdi-Oper. Mit ihm spielten Angela Marambio und Miroslav Dvorsky.
FOTO: ULLSTEIN. In Hamburg gab Franz Grundheber (r.) den Simon Boccanegra in der gleichnami­gen Verdi-Oper. Mit ihm spielten Angela Marambio und Miroslav Dvorsky.

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