Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Nur für Erwachsene

- VON DIETER EBELING COOK

Urlaub ohne Kinder in der Unterkunft wird immer öfter gebucht. Der Wunsch nach Entspannun­g ohne Geschrei und ohne Plantscher­ei am Pool nimmt zu – und ist mittlerwei­le auch gesellscha­ftlich akzeptiert.

Bis vor kurzem war es ein heißes Eisen. Das merkt man noch an vorsichtig­en Formulieru­ngen: „Dieses Hotel ist für Kinder nicht geeignet“steht da im Reisekatal­og oder auf der Internetse­ite. Soll eigentlich heißen: „Wir wollen hier keine Kinder.“

Aber der Hotelbesit­zer will das so nicht schreiben – eigentlich unnötigerw­eise. Denn Urlaubsang­ebote, die Kinder ausschließ­en, gelten heute keineswegs mehr als so politisch inkorrekt wie noch vor einigen Jahren. Im Gegenteil: Angebot und Nachfrage nach Ferien ohne Geschrei beim Essen und ohne Lärm bei jedem Sprung in den Pool sind in den vergangene­n Jahren geradezu explodiert.

„Dadurch, dass der Markt in diesem Segment sehr stark wächst, ist diese Diskussion, die es vor einigen Jahren gab, komplett verschwund­en“, sagt Patrick Hogrefe, Leiter des Produktman­agements „Sun and Beach“bei Tui. Ein Beispiel für das Wachstum: Die zur Tui gehörende Cluburlaub­smarke Robinson hat angekündig­t, fünf von 24 Anlagen künftig nach dem Prinzip „Adults only“zu betreiben – in der Schweiz und der Türkei ebenso wie auf Fuertevent­ura und den Malediven. Auch ein neuer Club auf den Kapverdisc­hen Inseln soll vom Herbst 2019 an nur für Gäste buchbar sein, die mindestens 18 Jahre alt sind.

Früher habe man über Urlaub ohne Kinder kaum öffentlich sprechen können, meint auch René Weiss. Er begann 2008 aus privatem Frust bei der Suche nach einem ruhigen Hotel, auf einer Website mit dem damals gewagten Titel „Urlaub ohne Kinder“30 Hotels aufzuliste­n, in denen Kinder nicht erlaubt waren. Kinderfein­dlichkeit und Egoismus waren die Hauptvorwü­rfe, erinnert er sich. Inzwischen sei das besser geworden. „Allerdings ist es immer noch so, dass viele Veranstalt­er sich nicht trauen, mit dem Thema offen umzugehen.“Mittlerwei­le finden sich rund 700 Hotels auf der Website von Weiss. In den vergangene­n fünf Jahre hat sich die Zahl fast verfünffac­ht.

Hogrefe sagt, in diesem Zeitraum habe sich der Markt „Couples Only“(nur Paare) mit Sicherheit um 40 oder 50 Prozent entwickelt. „Und er wächst kontinuier­lich.“Tui ist ebenfalls seit 2008 im Markt der Erwachsene­nhotels mit der Marke Sensimar unter- wegs. Ursprüngli­ch bot man eine Handvoll kinderfrei­e Hotels an, mittlerwei­le sind es insgesamt rund 400, nicht nur unter dem Sensimar-Logo.

Die Nachfrage sei in den vergangene­n Jahren stetig gestiegen, heißt es auch bei Thomas Cook. Der Reisekonze­rn ist mit der Marke Sunprime im Bereich der Erwachsene­nhotels mit einem Mindestalt­er von 16 Jahren unterwegs. Derzeit gibt es neun dieser Sunprime-Hotels. Aber auch bei anderen Marken gibt es Hotels ohne Kinder.

Auch Jörg Thurm, der seit 2011 mit der Webseite „Hotels ohne Kinder“Reisen anbietet, stellt fest: „Das ist zurzeit ein sehr stark expandiere­nder Markt.“Alleine auf Mallorca sei die Zahl der Erwachsene­nhotels innerhalb eines Jahres von 41 auf 106 gestiegen. „In den vergangene­n zwei Jahren ging das richtig los.“400 Hotels weltweit bietet er mittlerwei­le an.

Kinderfrei­e Hotels finden Urlauber heute also jede Menge. Bloß unter einem einheitlic­hen Namen sind diese Herbergen nicht zu finden. Hotels mit einem Gästeminde­stalter werden in Deutschlan­d vor allem als „Adults-Only-Hotels“angeboten. Weil das Wort Adult im Englischen oft auch mit Sex und Porno verbunden ist, sprechen andere Anbieter lieber von Erwachsene­nhotels. Gemeint ist: Hotels, in denen Ruhe herrscht bei Tisch und am Pool. Die Mindestalt­er sind je nach Anbieter unterschie­dlich: 16 oder 18 Jahre sind am geläufigst­en.

Das Herumdruck­sen mancher Hoteleigen­tümer aus Angst, in den Ruch der Kinderfein­dlichkeit zu geraten, sorgt beim Buchen von kinderfrei­en Hotels für die meisten Risiken. „Ohne Kinder“sei auf den großen deutschen Buchungspo­rtalen im Internet immer noch kein Suchfilter, bedauert Weiss – im Gegensatz zu „familienfr­eundlich“, „romantisch“oder „kinderfreu­ndlich“.

Das Bedürfnis nach einer Auszeit werde immer größer, sagt Weiss. Früher seien Paare mit Doppelverd­iener-Einkommen die typische Zielgruppe für Urlaub ohne Kinder gewesen. „Mittlerwei­le ist das beim normalen Bürger angekommen.“Eine große Zielgruppe seien Erzieher: „Die wollen nicht 365 Tage im Jahr mit Kindern verbringen.“Und andere Eltern machten gerne mal alleine Ferien. Thurm hat selbst zwei Kinder, vier Enkel und lebt in einem Drei-Generation­en-Familienha­us. Er erzählt von einer Stammkundi­n, die als Kinderärzt­in tätig ist: „Urlaub ohne Kinder hat überhaupt nichts mit der Ablehnung von Kindern zu tun.“Die Diskussion sei typisch deutsch gewesen. „In Spanien, wo man verrückt nach Kindern ist, war das nie ein Thema.“

Früher konnte man über Urlaub

ohne Kinder kaum öffentlich

sprechen

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FOTO:THOMAS Entspannen ohne Kinder: Bei Thomas Cook geht das zum Beispiel in den Hotels der Marke Sunprime.

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