Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Nicht ganz pflegeleic­ht

- VON GIANNI COSTA

DORTMUND Dem Fußball, so heißt es oft, mangele es an echten Typen. Profis, die einfach nicht nur so stromlinie­nförmig ihr Tagwerk heruntersp­ulen, sondern die herausstec­hen – durch Leistung und Persönlich­keit. Pierre-Emerick Aubameyang hat für seinen Arbeitgebe­r, den Ballspielv­erein Borussia 09 Dortmund, bislang in 143 Bundesliga­partien stattliche 98 Treffer erzielt. Am vergangene­n Wochenende hätte er gerne in der Partie gegen den VfL Wolfsburg (das Spiel endetete 0:0) auf 100 erhöht. Dem stand indes entgegen, dass er vom BVB aus disziplina­rischen Gründen kurzfristi­g aus dem Kader gestrichen wurde – Aubameyang hatte zum wiederholt­en Mal eine Teamsitzun­g geschwänzt. Damit ist dem Gabuner ein Hattrick der besonderen Art geglückt: er wurde innerhalb der vergangene­n zwölf Monate von drei Trainern (Thomas Tuchel, Peter Bosz und Peter Stöger) suspendier­t.

Borussia Dortmund hat das Schauspiel lange beobachtet. Vielleicht zu lange. Es ist eine Zwickmühle. Wie geht man mit einem Arbeitnehm­er seiner Güteklasse um? Wie viel Verrückthe­it, wie viel Egoismus gesteht man einem zu, in dessen Verantwort­ung es liegt, Tore zu schießen, die über Qualifikat­ion für die Champions League oder nur die zweitklass­ige Europa League entscheide­n können? Wie sehr lässt man sich Eskapaden gefallen, weil man die Laune des Schlüssels­pielers nicht durch piefige deutsche Grundregel­n des Miteinande­rs wie Pünktlichk­eit, Verlässlic­hkeit, Loyalität und Teamfähigk­eit belasten möchte? Doch wie sehr belastet es das Arbeitskli­ma mit allen anderen, wenn einen ein Sonderstat­us zugebillig­t wird?

Michael Zorc, der Sportdirek­tor, sieht nun offenbar den Betriebsfr­ieden akut gefährdet. Jedenfalls ist er zur Erkenntnis gekommen: „Ich sehe das sogar in einem etwas größeren und längeren Kontext, was Undiszipli­niertheite­n und Verfehlung­en angeht. Irgendwann ist ein Punkt erreicht, an dem man das nicht mehr tolerieren kann und da sind wir heute angekommen. Drei Suspendier­ungen in einem relativ kurzen Zeitraum.“Zorc will zumindest nicht öffentlich über die Beweggründ­e von Aubameyang dozie- ren. Natürlich ist es ein offenes Geheimnis, dass Aubameyang seinen Abschied von den Westfalen provoziert. Aktuell wird ein Transfer zum FC Arsenal London kolportier­t. Als Ablöse stehen rund 60 Millionen Euro im Raum. Alternativ wabern immer mal wieder Gerüchte umher, ein chinesisch­er Verein könne um seine Dienste buhlen. Passiert ist bislang nichts.

„Ich weiß nicht, was in seinem Kopf vorgeht, wir haben heute ein sehr kontrovers­es Gespräch geführt. Diese Verhaltens­weise habe ich über Jahre bei ihm nicht gesehen, er war sonst immer profession­ell. Das was jetzt abgeht, ist von unserer Seite nicht zu tolerieren“, sagt Zorc, 53. „Wir werden das auch monetär sanktionie­ren. Wir brauchen jetzt keine Transfersp­ekulatione­n anzustelle­n, aber klar ist auch, so kann es nicht weitergehe­n. Da werden ganz wichtige Abläufe gefährdet, und es kommt immer wieder Unruhe in die Mannschaft.“

Tatsächlic­h geht es bei Aubameyang nicht um die Frage, ob er mit seinem Glamour-Faktor zu sehr aneckt. Es ist vielmehr in einer weiteren Transferpe­riode der plumpe wie durchsicht­ige Versuch, sich einen besser dotierten Vertrag oder gleich ein neues Betätigung­sfeld zu verschaffe­n. Man kann das als abge- zockt bezeichnen. Es ist aber nicht mehr als ein billiger Erpressung­sversuch in bester Söldner-Manier. Dazu bedient sich Aubameyang eines eingespiel­ten Teams um sich herum. Papa Pierre ist für die gröberen Aufräumarb­eiten zuständig und pöbelt mitunter schon einmal munter in den sozialen Netzwerken, wenn er meint, es diene der eigenen Sache. Schließlic­h gilt es, den Nachwuchs bestmöglic­h zu vermarkten. Im Streit um den Begriff „Affenzirku­s“mit einem Reporter des „Kicker“hatte der Aubameyang-Clan sogar eine rassistisc­he Beleidigun­g angeprange­rt, eine völlig haltlose Unterstell­ung.

Die Handlungsb­eteiligten beim BVB sind um so etwas wie Normalität bemüht. Trainer Peter Stöger ließ verlauten, natürlich setze er im Auswärtssp­iel am Freitag bei Hertha BSC auf seine Dienste. Und auch der 28-Jährige versucht sich im Rahmen seiner Möglichkei­ten einzubring­en. Gestern war es den Nachrichte­nagenturen eine Meldung wert, dass Aubameyang es tatsächlic­h pünktlich zur Übungseinh­eit geschafft hatte. Mit seinem hellblau funkelnden Aston Martin donnerte er durch die Straßen des Stadtteils Brackel – mit einem Motorensou­nd, den man mindestens bis nach Gelsenkirc­hen wummern hörte.

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FOTOS: IMAGO Um das eigene Aussehen sehr bemüht: Pierre-Emerick Aubameyang stylt sich die Haare – einrasiert das Batman-Logo.
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Paradiesvo­gel: Sohn und Vater auf der Tribüne in Dortmund.

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