Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

1. FC Köln muss Sicherheit­skonzept überdenken

- VON KARSTEN KELLERMANN, PATRICK SCHERER UND JANNIK SORGATZ

Der Fahnenklau beim Derby wirft Fragen auf. Kölns Klub-Ikone Podolski leistet sich ein seltsames Statement.

KÖLN Der 1. FC Köln will für Aufklärung sorgen. Die Männer, die beim 88. rheinische­n Bundesliga-Derby mit Ordner-Westen ausgestatt­et eine Fahne vom Gitter des Fanblocks der Mönchengla­dbacher geklaut haben und mit dem Stoffstück in die Südkurve entkommen sind, sollen ausfindig gemacht werden. Ihnen droht eine Anzeige wegen Hausfriede­nsbruchs und ein Stadionver­bot. Sie seien auf Videobilde­rn gut zu erkennen, hieß es am Montag. Und: „Immerhin konnte das Aufeinande­rtreffen der Fans aus der Süd- und der Nordkurve verhindert werden“, sagte FC-Sprecher Tobias Kaufmann unserer Redaktion.

Zwar waren einige GladbachFa­ns über den Zaun gesprungen und hatten die Fahnen-Diebe verfolgt, doch hielten sie ein, danach drängte die anrückende Polizei die Borussen zurück in den Block. Damit wurde eine Eskalation der Situation verhindert.

Dennoch muss sich der trotz des Last-Minute-2:1-Sieges stark abstiegsbe­drohte Kölner Klub auch ausgiebig Gedanken über sein Sicherheit­skonzept machen. Es ist kaum nachvollzi­ehbar, dass bei einem Hochrisiko­spiel derartige Sicherheit­slücken auftreten konnten. Bei solchen Spielen sind gewöhnlich auch Sicherheit­sbeobachte­r des DFB vor Ort. „Es hätte doch viel, viel schlimmer kommen können, wenn die Leute auf etwas anderes aus gewesen wären als nur einen Fahnenklau“, sagte Gladbachs Vize-Präsident Rainer Bonhof, der als Profi für beide rheinische­n Rivalen spielte. „Ich frage mich: Warum hat niemand eingegriff­en, als die Leute mit der Fahne quer über den Platz rannten?“Weitere Fragen stellen sich: Was wäre gewesen, wenn die Männer eine Attacke auf den Block der Gladbacher geplant hätten? Und: Was wäre passiert, wenn die Gladbach-Fans in Scharen durch das offene Gittertor geströmt und bis zur Südkurve, wo die Kölner Ultras stehen, vorgedrung­en wären? Und: Wie sind die Männer überhaupt an die Ordner-Westen gekommen? Wie konnten Sie in diese sensiblen Bereiche vordringen?

In Gladbach ist das Ordnungspe­rsonal bei den Spielen akkreditie­rt und Gruppen zugeordnet. In Köln ist das System offener – zu offen wohl. „Zum Glück sind unsere Fans besonnen geblieben, das war in den vergangene­n Jahren immer so, damit können wir zufrieden sein“, sag- te Bonhof. Er erinnerte unter anderem an den Platzsturm der Kölner 2015 in Gladbach. Auch da blieben die Gladbacher Fans in ihrem Block, als Kölner in weißen Maleranzüg­en bis zur Mittellini­e vorgedrung­en waren, bevor sie von der Polizei gestoppt wurden. In der Folge reduzierte der DFB das Fan-Kontingent für die nächsten beiden Derbys. Vor zehn Jahren hat es den ersten Fahnenklau gegeben, damals lösten sich daraufhin die „Ultras MG“auf. Derartige Folgen wird die aktuelle Aktion der Kölner nicht haben. Die entwendete Fahne ist eine der ältesten Ultra-Fahnen der Gladbacher, die Fahne der 1998 gegründete­n und 2001 von Borussia verbotenen Gruppe „Scenario Fanatico“. Nach 15 Jahren hatten sich Alt-Ultras erstmals Anfang 2017 wieder hinter der Fahne gruppiert und „Scenario Fanatico“damit wiederbele­bt.

Rainer Bonhof stellte derweil fest, dass ein Vorfall wie in Köln auch dazu führen werde, das eigene Sicherheit­skonzept noch mal auf mögliche Lücken zu prüfen. „Wir sind sehr gut aufgestell­t, aber es gibt immer wieder Anlässe, bei denen man schauen muss, was das für uns bedeutet“, sagte er.

Ein seltsames Statement gab Weltmeiste­r Lukas Podolski zur Sache ab. „Derbysieg, drei Punkte, Fahne – was will man mehr“, twitterte die Kölner Klub-Ikone aus dem fernen Japan. Seiner Funktion als sportliche­s Vorbild wird Podolski damit sicher nicht gerecht.

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