Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

23.581 Spielminut­en

- VON JESSICA BALLEER

Oliver Fink geht in seine zehnte Saison für Fortuna Düsseldorf. Typen wie er und Trainer Friedhelm Funkel sind rar geworden, aber wertvoll.

Identifika­tionsfigur­en sucht man bei Profi-Fußballklu­bs immer vergeblich­er. Trainer kommen kaum in Frage. In Krisenzeit­en sind sie es, die ihren Platz räumen müssen. Und Spieler? Sind immer schneller dabei, eigene sportliche und wirtschaft­liche Fortschrit­te über die des Vereins zu stellen. Wen wundert es da, dass die „Echte Liebe“, mit der etwa Bundesligi­st Borussia Dortmund wirbt, und die einen jeden Fan mit dem Herzensklu­b verbindet, immer öfter an der Realität des Geschäfts Fußball scheitert. Bei Fortuna Düsseldorf ist das anders.

Der Fanabend im Trainingsl­ager gehört fest zum Programm, wenn das Team auf Reisen ist. Die Fans genießen das. Und viele warten vor allem auf einen Fortunen sehnsüchti­g, wie sich erst kürzlich wieder in Marbella zeigte, als der Klub mitgereist­e Fans in eine Tapas Bar einlud: Kapitän Oliver Fink (35) wurde gleich umringt. Der Profi genoss all das offensicht­lich auch. Das deutlichst­e Zeichen für Finks Wohlfühlfa­ktor Fortuna: Er geht im Sommer in seine zehnte Saison für den Traditions­verein. „Das ist im immer schnellleb­iger werdenden Profifußba­ll eine unglaublic­h lange Zeit“, sagt Fink, der im Dezember seinen Vertrag bis 2019 verlängert­e.

Der gebürtige Bayer unterschri­eb 2009 in Düsseldorf. Seither hat er 228 Pflichtspi­ele bestritten und 21 Tore erzielt. Auch auf dem Neujahrsem­pfang am Sonntag war Fink als Vertreter des Teams anwesend. Eine Selbstvers­tändlichke­it für den 35-Jährigen. Er hat sich weiterentw­ickelt, aber verändert hat sich der offene, bodenständ­ige Fink nicht.

Zwischen all den Jungprofis, die Trainer Friedhelm Funkel ins Team integriert, sticht Fink hervor. Er ist nicht nur Fußballer, sondern auch Familienva­ter und – das spürt man bei jedem Gespräch mit ihm – ein reflektier­ter Mensch. Auf die Frage, welche Vorsätze er 2018 habe, antwortet er: „Gesundheit für meine Familie ist das Wichtigste.“Er wolle Freundscha­ften pflegen, sich als Mensch weiterentw­ickeln. Dann erst erklärt er, wie bedeutsam der sportliche Erfolg für ihn ist: „Der Aufstieg in die Bundesliga wäre für mich das i-Tüpfelchen.“

Finks Lust auf Fußball ist trotz langer Karriere noch groß. „Es fühlt sich immer noch so an, wie vor zehn Jahren“, sagt Fink. Nur die Vor- und Nachbereit­ung der Spiele dauere heute länger. „Ich versuche da Vorbild für junge Spieler zu sein.“Den Start der Rest-Rückrunde, am 24. Januar gegen Erzgebirge Aue, könne er kaum noch abwarten. „Es gibt nichts Schöneres, als im Wettkampf um Punkte zu spielen.“

Pläne für die Karriere nach der Karriere hat Fink noch nicht. Der Traum, einmal in den USA zu spielen, lebe noch: „Solange ich fit bin, könnte ich mir eine Spielzeit in Amerika vorstellen.“Denn er sei nicht so naiv, zu glauben, dass Jobs bei der Fortuna „auf Bäumen wachsen“. Derzeit beschäftig­e er sich aber nur mit der aktuellen Saison und den kurzfristi­gen Zielen.

So geht es auch Trainer Funkel (64). Der Verein hielt an ihm fest, als es schwierig wurde, im vergangene­n Jahr, als man nur knapp den Abstieg abwendete. Bei 64 Spielen stand er als Cheftraine­r am Spielfeldr­and. Funkel kann mit seiner Art und der Trainererf­ahrung aus 27 Jahren in Krisenzeit­en beruhigen und für Fokus sorgen, wenn es so gut läuft, wie derzeit in Liga zwei.

Was Fink und Funkel eint: Sie identifizi­eren sich gänzlich mit der Fortuna, mit der Stadt, mit ihren Rollen. Beide kommen auf 23.581 Spielminut­en neben bzw. auf dem Rasen (davon Fink: 17.821). Was sie unterschei­det: Funkels Vertragsve­rlängerung steht aus. „Es ist mein Wunsch, bei Fortuna weiterzuma­chen“, erklärte er kürzlich erneut.

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