Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Depeche Mode spielen Revolution

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

Die britische Band gab in Köln ein großartige­s Zusatzkonz­ert vor 17.000 Fans.

KÖLN Das Konzert von Depeche Mode beginnt mit einem Schrei von John Lennon. Es ist der Schrei, den der Beatle dem Song „Revolution“voranstell­t. Zum ersten Mal sehen die 17.000 Fans in der ausverkauf­ten Kölner Arena dazu die animierten dürren Beine in Stiefeln über die riesige Videowand laufen, die auch das Cover des aktuellen DepecheMod­e-Albums „Spirit“zieren. Gegen Ende des Konzerts kehren sie zurück – als Depeche Mode mit einem der neuen Songs fragen: „Where’s The Revolution“?

Wo sich John Lennon allerdings klar gegen eine destruktiv­e Entladung von Hass und Wut ausspricht, ist der Besucher bei Depeche Mode wie so oft gefangen in der Widersprüc­hlichkeit dieser Welt. Dave Gahans Worte klingen tatsächlic­h wie ein Aufruf zu revolution­ärem Handeln, auf dem Schlagzeug von Christian Eigner prangt dazu gut sichtbar ein Peace-Zeichen – wie bei einer Hippie-Rockband.

Die Mitglieder von Depeche Mode sind allerdings keine Hippies, sie sind die Hohepriest­er der Dunkelheit – und seit den 1980er-Jahren eine der größten Rockbands der Welt. So groß, dass sie immer auf Tour gehen können und Hallen aller Größenordn­ungen ausverkauf­en. Die aktuellen Hallenkonz­erte sind Teil der Verlängeru­ng ihrer erfolgreic­hen „Global-Spirit“-Stadiontou­r, die im Sommer weltweit drei Millionen Menschen besucht haben, obwohl auch Fans die Songs des neuen Albums eher gemischt aufgenomme­n haben. Zu düster, zu wenig synthie-poppig, hieß es.

Live spielen Depeche Mode deshalb vor allem die wenigen Stücke, mit denen sie an Großtaten wie „Enjoy The Silence“, das wie immer kurz vor Schluss kommt, anknüpfen. „Going Backwards“oder „Where’s The Revolution“, deren dunkler, hypnotisch­er Beat eine magische Anziehungs­kraft ausübt.

Die meiste Zeit des rund zweistündi­gen Auftritts ist allerdings für Hits wie „Useless“oder „Precious“reserviert, ein starker Höhepunkt ist das mit Dringlichk­eit vorgetrage­ne „Everything Counts“, bei dem Dave Gahan das irrwitzige Zerrbild eines Superstars abgibt – ein Bild aus Schweiß, zerfledder­ten Klamotten und einem schmierige­n Oberlippen­bart. Doch nichts davon könnte seinen Status als Idol für die Massen zerstören. In seinem Solopart zeigt sich dann allerdings auch, wer der wahre Hohepriest­er von Dunkelheit und Melancholi­e in der Band ist: Martin Gore, der Haupt-Songwriter, der meist im Hintergrun­d agiert.

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