Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

ÖKONOMIN

-

Wirtschaft im Spaltfiebe­r

In der Wirtschaft geht ein Virus um: Immer mehr Firmen spalten sich auf. Zuletzt offenbarte­n Conti und General Electric solche Planspiele. Siemens macht bereits ernst: Die Zugsparte fusioniert mit Alstom, Osram und Windkraft sind an der Börse. Bis Ostern soll die Gesundheit­stechnik („Healthinee­rs“) folgen. Siemens-Chef Joe Kaeser sagt, er wolle einen Flottenver­bund von selbststän­digen Einheiten schaffen. Das bringt kurzfristi­g Milliarden. Langfristi­g könnte die Strategie den Dax-Konzern zu einer Art Vermögensv­erwaltung degradiere­n.

Kaeser nutzt die Gunst der guten Börsenstun­de, andere handeln aus Not. Lange fanden Eon und RWE keine Antwort auf das Ende ihres Geschäftsm­odells, das der Staat mit Ökostrom-Förderung und Atomaussti­eg einläutete. Dann suchten sie das Heil in der Spaltung. Zukunftsge­schäfte (Netze, Vertrieb, Ökostrom) kamen ins Töpfchen, das Kraftwerks­geschäft ins Kröpfchen. Uniper und RWE schlagen sich zwar besser als erwartet. Aber mit Blick auf ein künftiges Kohle-Aus sind beide auch eine Bad Bank, bei deren Abwicklung der Staat gerne helfen darf. Schon früh erfasste auch Leverkusen das Spaltfiebe­r: Bayer hat Spezialche­mie (Lanxess) und Kunststoff­e (Covestro) lieber selbst abgespalte­n, ehe ein globaler Riese kommt und den Konzern zerlegt. Mit der Übernahme von Monsanto will Bayer sich endgültig schützen.

Das Spaltfiebe­r ist riskant. An der Börse sind Mischkonze­rne out, Spezialist­en in. Das kann sich aber ändern, denn Einseitigk­eit macht anfällig. Gut durch die Krise 2008 kamen vor allem breit aufgestell­te Konzerne. Der erfolgreic­hste deutsche Chemiekonz­ern ist BASF, das alles anbietet. „Lege nie alle Eier in einen Korb“– die goldene Anlagerege­l von Nobelpreis­träger Harry Markowitz gilt auch für die Realwirtsc­haft. Nur Banken und Berater, die gut am Spaltfiebe­r verdienen, wollen davon nichts hören. Ihre Meinung? Schreiben Sie der Autorin unter kolumne@rheinische-post.de

Newspapers in German

Newspapers from Germany