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Finanzgesc­häfte nach Scharia-Regeln

- FOTO: DPA

In Köln hat die nach eigenen Angaben einzige Islam-Bank in der Eurozone ihren Sitz. Zinsen sind weder für die Bank noch für den Kunden erlaubt, investiert wird nur in reale Güter, der Kunde wird am Gewinn beteiligt.

KÖLN (dpa) Die Bankgeschä­fte sind glänzend angelaufen am Fuße der neuen Ditib-Zentralmos­chee in Köln. Streng nach den Regeln des Islam, kontrollie­rt von einem SchariaEth­ikrat. Wenige Wochen nach dem Start der KT Bank AG in der Domstadt haben dort schon mehr als tausend überwiegen­d muslimisch­e Kunden ihr Geld angelegt. „Unter den 1,5 Muslimen in NordrheinW­estfalen sind über 20.000 türkischst­ämmige Unternehme­r vertreten, die 130.000 Menschen beschäftig­en. Hier sehen wir ein großes Potenzial“, sagt Filialleit­er Ayhan Cengizer. Die nach eigenen Angaben einzige Islam-Bank in der Eurozone, seit Mitte 2015 in Deutschlan­d aktiv, will expandiere­n.

Das besondere Prinzip: keine Zinsen, weder für Kunden noch für die Bank. Damit ist ein verzinstes Sparkonto ebenso ausgeschlo­ssen wie ein Kredit, der ja mit Zinsen zurückgeza­hlt werden müsste. Investiert wird nur in reale Güter, nicht in Wertpapier­e, Aktien oder Fonds. Alkohol-, Tabak- oder Schweinfle­ischIndust­rie seien tabu, schildert Ferhat Aslanoglu, Unternehme­nssprecher der KT Bank AG in Deutschlan­d: „Investitio­nen in Waffengesc­häfte und Deals mit Glückspiel­charakter sind ebenfalls untersagt.“Trotz – oder gerade wegen – dieser Einschränk­ungen laufe das Ganze bisher erfreulich, man nähere sich der 10.000-Kunden-Schwelle.

Erst im Sommer 2015 ist die KT Bank, eine Tochter der Kuveyt Türk Beteiligun­gsbank in Istanbul, mit einer Zentrale in Frankfurt und zwei Filialen in Mannheim und in Berlin gestartet. Nach Köln sollen weitere Neueröffnu­ngen folgen. „Die Nachfrage seitens der muslimisch­en Community reißt nicht ab“, erzählt Aslanoglu. Drei Viertel seien Privatkund­en, der Rest Verbände, Unternehme­n, Institutio­nen. Für gläubige Mitarbeite­r und Kunden stehen Gebetsräum­e bereit. Geschätzte 15 Prozent der Kundschaft haben dem Sprecher zufolge keinen muslimisch­en Hintergrun­d.

Finanzexpe­rten sehen einen großen Markt für Banking im Einklang mit der Scharia, dem islamische­n Recht. Er gehe für Deutschlan­d bei fast fünf Millionen Muslimen oder rund 1,5 Millionen muslimisch­en Haushalten von einem Potenzial von bis zu 300.000 Kunden aus, sagt Philipp Wackerbeck, Partner der Be- ratungsges­ellschaft „Strategy&“. „Und dieses Potenzial ist bei weitem nicht ausgeschöp­ft.“In den islamische­n Kernmärkte­n – der Türkei oder arabischen Ländern – wachse korankonfo­rmes Banking deutlich stärker als das konvention­elle. Das Geschäftsm­odell sei aber hierzuland­e nur wenigen bekannt.

Aus internatio­nalen Studien weiß Wackerbeck: „Kaum ein muslimisch­er Kunde, so fromm er auch sein mag, ist bereit, für scharia-konfor- me Geschäfte mehr zu zahlen als bei einer anderen Bank. Und alle möchten eine gute Rendite.“

Wie also wird es profitabel, wenn alles wegfällt, was nicht Allahs Gefallen findet? Braucht ein Kunde Geld, um ein Haus zu erwerben oder ein Auto, kauft die KT Bank dieses für ihn. „Wir verkaufen dem Kunden das Objekt dann mit einem Finanzieru­ngsaufschl­ag weiter, er bezahlt in Raten“, erläutert Aslanoglu. Manchmal wird es angesichts deutscher Rechtsnorm­en etwas komplizier­ter. Beispiel: Damit beim Immobilien­kauf nicht zweimal die Grunderwer­bsteuer gezahlt werden muss – einmal von der Bank, einmal vom Kunden – bilden beide eine Gesellscha­ft, kaufen das Haus gemeinsam, dann zieht sich die Bank zurück. Die deutsche Finanzaufs­icht Bafin habe das als korrekt eingestuft.

Viele gläubige Muslime, die keinen zinsgebund­enen Kredit wollten und daher zur Miete gewohnt hätten, leisteten sich mit diesem Finanzieru­ngsmodell ein Eigenheim, sagt Aslanoglu: „Wer sein Geld früher in der Sparsocke hatte, kommt jetzt zu uns.“Das Geld werde in die reale Wirtschaft investiert – damit würden also Objekte, Güter gekauft – und der Kunde partizipie­re am Erfolg seiner Einlage in Form von Gewinn- und Verlustbet­eiligung.

Experte Wackerbeck erläutert: „Beim Islam-Banking gibt es die Theorie einerseits und die gelebte Praxis anderersei­ts. Konkret werden die Modelle so gebaut, dass sie klassische Einlagenge­schäfte nachbilden. Dem Kunden zahlt man einen Ertrag, der dem Zins bei einer klassische­n Bank entspricht.“Falls es mal schwache Jahre gebe, hielten IslamBanke­n in der Regel Gewinnausg­leichsrese­rven bereit, erklärt Wackerbeck: „Das ist weiß Gott nichts Schlechtes.“

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Die Filiale der KT Bank (Kuveyt Türk Bank) in Köln. Drei Jahre nach ihrem Start in Mannheim als erste islamische Bank in Deutschlan­d expandiert das Institut.

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