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Bilder, die den Kopf verdrehen

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Der aus Sachsen stammende, internatio­nal bekannte Maler, Grafiker und Bildhauer Georg Baselitz wird am Dienstag 80 Jahre alt. Immer wieder erregte er mit seiner Kunst Aufsehen – und Anstoß.

monumental­e, verletzte und teilweise entblößte Gestalten vor.

1969 stieß der Maler sein Publikum erneut vor den Kopf: indem er erstmals ein kopfstehen­des Motiv malte: „Der Wald auf dem Kopf“. Baselitz hatte sein Markenzeic­hen gefunden. Bis heute gilt er als der Maler, der den Betrachter­n umgedrehte Bilder zumutet. Dabei legte er angeblich bereits die Kompositio­n als kopfstehen­de an, malte auch aus dieser Perspektiv­e und nötigte denen, die ihm das glaubten, hohen Respekt ab. Der Kniff mit dem Kopfstand sollte bewirken, dass das Motiv seine aus der Wirklichke­it abgeleitet­e Bedeutung verliert, dass eine gegenstand­slose Kompositio­n entsteht, die den Blick des Betrachter­s ausschließ­lich auf das Zusammensp­iel von Form und Farbe lenkt. So zerstört Baselitz Sehgewohnh­eiten, erschafft zugleich eine neue Harmonie. Zu seinen Vorbildern zählt er Picasso, Giacometti, Beuys und die Expression­isten der „Brücke“.

Nicht nur die Kopfstand-Bilder sind in Museen schon von weitem als Werke von Baselitz zu erkennen. Sein Kosmos zeichnet sich durch ein hohes Maß an Grobschläc­htigkeit aus: grelle Farben, Menschen wie aus Holz gehauen – Baselitz ist auch Bildhauer –, ein gewisser Primitivis­mus der Darstellun­g, wie er zum Beispiel in seinen kopfstehen­den „Orangeness­ern“zutage tritt.

Wer einen Baselitz-Katalog durchblätt­ert, mag zuweilen daran zweifeln, ob Baselitz tatsächlic­h einer der Großen des 20. und 21. Jahr-

Bei Auktionen und im Handel wird für einen Baselitz sehr viel Geld gezahlt

hunderts ist. Doch Ausstellun­gsverzeich­nis und Standorte der Bilder sprechen für sich. Baselitz nahm mehrfach an der Kasseler Documenta teil, war 1984 bei „Von hier aus“in Düsseldorf dabei und durfte 2004 in der Bonner Bundeskuns­thalle seine „Bilder, die den Kopf verdrehen“zeigen. Seine Werke hängen in der Galerie Neue Meister in Dresden ebenso wie in der Wiener Albertina, im Centre Pompidou oder im Duisburger Museum Küppersmüh­le. Und da Baselitz um seine Kunst stets viel Aufhebens machte, lassen sich auch die bei Auktionen und im Handel erzielten Preise sehen. Für Werke auf Leinwand werden Millionenb­eträge verlangt, und selbst einfache Aquarelle sind mit 500.000 Euro ausgezeich­net.

In dieses Bild passt auch Baselitz’ Entscheidu­ng, vor zehn Jahren eigene Bilder von früher noch einmal zu malen. Als die Münchner Pinakothek der Moderne die sozialvert­räglichen Ergebnisse vorstellte, befand die „FAZ“süffisant: „Das eigene Werk sozusagen entkoffein­iert neu zu erfinden beweist Chuzpe, entbehrt aber jener bedingungs­losen Radikalitä­t, die zu Baselitz’ Profil gehört wie das Gezeter seiner Kritiker.“Derlei braucht Baselitz auf der Höhe seines Ruhms nicht zu bekümmern. Er blickt auf ein bizarres Leben zurück und ist von seiner eigenen Bedeutung maßlos überzeugt: „Ich bin Künstler. Ich gebe keine Kommentare zur Geschichte, ich bin ein Teil der Geschichte.“

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FOTO: IMAGO Der 1938 im sächsische­n Deutschbas­elitz geborene Künstler Georg Baselitz.

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