Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Frau entgeht bei Sturm knapp dem Tod

- VON C. BOISSERÉE UND J. VOSS

Das wohl am meisten aufwühlend­e Erlebnis mit Tief „Friederike“in der Stadt hatte eine Krefelderi­n, deren Auto in voller Fahrt von einem Baum getroffen wurde. Die Wälder bleiben gesperrt, bis alle Gefahren beseitigt sind.

Oberbürger­meister Frank Meyer hat gestern den 241 Rettungskr­äften gedankt, die in Krefeld im Sturm von Donnerstag mit Aufräumarb­eiten befasst waren und bis tief in die Nacht zu gestern mehr als 400 Notrufe abgearbeit­et haben. „Ich danke allen Helfern, die unter großem Einsatz die Gefahrenla­gen behoben haben; leider haben wir in Krefeld auch Verletzte zu beklagen.“Nachdem zunächst von drei Verletzten die Rede war – einer davon schwer –, hat sich die Zahl auf fünf erhöht. Besonderes Glück hatte Linda Ellerbrock. Ein Baum durchschlu­g die Windschutz­scheibe ihres Pkw und verfehlte sie nur knapp.

Ellerbrock war mit ihrem Wagen auf dem Frankenrin­g unterwegs, mit „voller Fahrt“, wie sie sagt, als plötzlich vor ihr ein Baum auf die Fahrbahn kippte. Die 22-Jährige hatte keine Chance zu reagieren. Es kam zur Kollision, der Airbag platzte auf, ein Ast durchbrach die Frontschei­be. Wie ein Spieß bohrte er sich in die Fahrerkabi­ne und verfehlte die junge Frau am Steuer nur um Zentimeter. Sie kam mit Schürfwund­en und Prellungen davon. „Ich hatte unglaublic­hes Glück“, sagt Ellerbrock, die als Krankensch­wester im Pflegedien­st arbeitet und an diesem Morgen auf dem Weg zu einer Patientin war.

Geschockt stieg die Krefelderi­n nach dem Unfall aus ihrem Auto aus und versuchte, den Notruf zu aktivieren. „Aber mein Handy hat nicht richtig funktionie­rt und wollte sich immer mit meinem Auto verbinden“, berichtet Ellerbrock. Detailiert kann sie die Geschehnis­se noch nicht wiedergebe­n, „alles ging so schnell“, sagt sie. Was sie noch weiß: Durch Zufall kam Sekunden nach dem Unfall ein Rettungswa­gen auf der Gegenfahrb­ahn vorbei. Die Sanitäter waren auf dem Rückweg von einem Einsatz, hielten an und versorgten die Verletzte. Kurz danach traf auch die Feuerwehr ein. Die Einsatzkrä­fte schrieben später in ihrer Meldung von einem „großen Schutzenge­l“, der Linda Ellerbrock an diesem Vormittag auf dem Beifahrers­itz begleitete. „Als die Feuerwehrm­änner das Auto gesehen haben, konnten sie nicht glauben, dass ich da nahezu unverletzt rausgekomm­en bin“, berichtet sie.

Am Tag danach ist die 22-Jährige noch immer „fassungslo­s“, wie sie sagt. Weniger ob ihres großen Glücks im Unglück, vielmehr ob der ausgeblieb­enen Hilfe anderer Autofahrer. „Die sind einfach umgedreht, als sie gesehen haben, dass es nicht weitergeht.“Sie könne sich noch genau erinnern, dass hinter ihr mehrere Pkw fuhren. Als sie aus ihrem völlig zerstörten Wagen stieg, habe sie die Fahrzeuge noch wenden gesehen. „Niemand ist ausgestieg­en, um zu schauen wie es mir geht“, sagt Ellerbrock. Vor allem är- gert sie sich über Gaffer, die den Unfallort und ihre Behandlung im Rettungswa­gen fotografie­rten. Die 22Jährige: „Wenn man erst keine Hilfe bekommt und dann von Handykamer­as fotografie­rt wird, fühlt sich das schon ziemlich mies an.“Auch deshalb sei sie mit dem Vorfall an die Öffentlich­keit gegangen.

In der Stadt haben derweil die Aufräumarb­eiten begonnen. Die Stadtreini­gungsgesel­lschaft GSAK ist mit Überstunde­n und zusätzlich­en Kräften unterwegs, um die Verkehrssi­cherheit zu gewährleis­ten. Es werden bis Samstagabe­nd, gegebenenf­alls auch Sonntag, Straßen, Wege und Plätze von Ästen und sturmbedin­gten Verschmutz­ungen befreit. Die Entleerung der Mülltonnen, die am Donnerstag nicht mehr erfolgen konnte, wird nachgeholt, so dass Samstag alle Rückstände aufgearbei­tet sein werden.

Die Aufräumarb­eiten in den städtische­n Wäldern werden noch Wochen dauern. Bis zur Beseitigun­g unmittelba­rerer Gefahren bleibt das Betreten der Wälder verboten. Die stärksten Schäden verzeichne­t die Stadt für das Hülser Bruch, den Forstwald und den Stadtwald. Im Straßenber­eich sind 30 zerstörte Bäume zu beklagen. Vor Nachpflanz­ungen muss geprüft werden, ob Versorgung­sleitungen im Boden eine Ersatzpfla­nzung zulassen. Das gilt auch für den Friedrichs­platz. Die Straßenbah­nen können dort seit gestern Morgen wieder passieren, die Reparatura­rbeiten an den Oberleitun­gen sind erfolgt.

An der Brüder-Grimm-Schule wird am Montag der Unterricht wieder regulär stattfinde­n. Das beschädigt­e Dachstück ist repariert.

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FOTOS: ELL Der Wagen der Krefelderi­n Linda Ellerbrock wurde in voller Fahrt von einem umstürzend­en Baum getroffen. Rettungskr­äfte wunderten sich, dass die Frau nur leicht verletzt wurde.
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