Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Von wegen amtsmüde
Das war ein wichtiger Auftritt für Angela Merkel beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Lange hat die im Inland angeschlagene Kanzlerin nicht mehr eine solche internationale Bühne gehabt, auf der sie ihre Stärken zeigen kann. Ein Amtsbonus kann nur wirken, wenn man ihn auch ausspielen kann.
Ihre scharfe Kritik an jeglicher Abschottung, ihre Mahnung zu Zusammenhalt und sozialer Haltung in einer dramatisch beschleunigten Welt war ein wichtiges Signal an Deutschland und das Ausland: Die Kanzlerin ist noch da und hat nicht vor abzutreten. Amtsmüde ist sie nicht. Sie hat die Politik von USPräsident Donald Trump zerpflückt und Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron für neuen Schwung in der EU gelobt. Das kann auch nur machen, wer das Heft des Handelns in der Hand behalten will. Dafür müsste Merkel jetzt aber schnell eine neue Regierung bilden. Denn natürlich wird im Ausland mit Sorge verfolgt, dass ausgerechnet Deutschland derzeit keine stabilen Verhältnisse hat. Und je länger dieser Zustand anhält, desto größer ist die Gefahr, dass das Vertrauen in die viertgrößte Volkswirtschaft sinkt. Das wäre dann aber nicht nur Merkels Schaden, sondern auch der der ganzen Republik. BERICHT KAMPFANSAGE AN TRUMPS POLITIK, TITELSEITE
Türkische Provokation
Die strategische Partnerschaft mit der Türkei als Brückenkopf zur islamischen Welt, als Regionalmacht im Nahen Osten und auch als Heimatnation von Millionen türkischstämmiger Deutscher ist unverzichtbar.
Nur leider macht Präsident Erdogan es einem nicht leicht. Sein Einmarsch im Norden Syriens widerspricht den Nato-Prinzipien der Selbstverteidigung und ist inhaltlich kaum zu begründen. Wenn es der Türkei lediglich um die Abwehr einer angeblichen Gefahr aus Syrien ginge, könnte sie die Grenze absichern, wie es die USA vorschlagen. Doch offenbar will Erdogan die Kurden aus Nordsyrien vertreiben und eigene Territorien besetzen. Damit brüskiert die Türkei den kurdischen Partner USA, wahrscheinlich mit Unterstützung Russlands. Eine Befriedung der Lage in Syrien sieht wohl anders aus.
Dass Erdogan sein Vorgehen als Anti-Terror-Maßnahme bezeichnet, ist verlogen, bekämpft er doch genau jene Kurden, die den IS bekämpfen. Fragen nach der zukünftigen Nato-Mitgliedschaft der Türkei sind schmerzhaft, aber leider wohl auch berechtigt. BERICHT
Über-Überstunden
Dass die Polizei in NRW viele Überstunden machen muss, ist zunächst noch kein Skandal. Solange die Verbrecher nicht bereit sind, ihre Taten mit den Schichtplänen der Beamten abzustimmen, wird sich das kaum vermeiden lassen.
Das Instrument der Überstunden sollte aber für Unvorhersehbarkeiten reserviert bleiben. Wenn die Mehrarbeit von vornherein schon systematisch eingeplant wird und durch unvorhersehbare Ereignisse noch zusätzliche Über-Überstunden hinzukommen, wird die Kapazitätenplanung unseriös. Der Staat hat mit den Polizeibeamten nun mal eine feste Arbeitsstundenzahl vereinbart. Wenn er ihnen mehr abverlangen will, muss er die Tarife neu verhandeln.
Außerdem müssen die Beamten ihre Überstunden irgendwann auch wieder abfeiern können. 5,4 Millionen aufgestaute Überstunden bei der NRW-Polizei belegen aber, dass dies nur in viel zu geringem Umfang möglich ist. Ihr Dienstherr stopft mit der Mehrarbeit offensichtlich einen strukturellen Engpass. NRW-Innenminister Reul sollte diese unrühmliche Praxis seiner Vorgänger beenden. BERICHT