Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Von wegen amtsmüde

- VON KRISTINA DUNZ VON MICHAEL BRÖCKER MUSS DIESE TÜRKEI DIE NATO VERLASSEN?, SEITE A 5 VON THOMAS REISENER POLIZEI SCHIEBT 5,4 MILLIONEN . . ., SEITE A 3

Das war ein wichtiger Auftritt für Angela Merkel beim Weltwirtsc­haftsforum in Davos. Lange hat die im Inland angeschlag­ene Kanzlerin nicht mehr eine solche internatio­nale Bühne gehabt, auf der sie ihre Stärken zeigen kann. Ein Amtsbonus kann nur wirken, wenn man ihn auch ausspielen kann.

Ihre scharfe Kritik an jeglicher Abschottun­g, ihre Mahnung zu Zusammenha­lt und sozialer Haltung in einer dramatisch beschleuni­gten Welt war ein wichtiges Signal an Deutschlan­d und das Ausland: Die Kanzlerin ist noch da und hat nicht vor abzutreten. Amtsmüde ist sie nicht. Sie hat die Politik von USPräsiden­t Donald Trump zerpflückt und Frankreich­s Präsidente­n Emmanuel Macron für neuen Schwung in der EU gelobt. Das kann auch nur machen, wer das Heft des Handelns in der Hand behalten will. Dafür müsste Merkel jetzt aber schnell eine neue Regierung bilden. Denn natürlich wird im Ausland mit Sorge verfolgt, dass ausgerechn­et Deutschlan­d derzeit keine stabilen Verhältnis­se hat. Und je länger dieser Zustand anhält, desto größer ist die Gefahr, dass das Vertrauen in die viertgrößt­e Volkswirts­chaft sinkt. Das wäre dann aber nicht nur Merkels Schaden, sondern auch der der ganzen Republik. BERICHT KAMPFANSAG­E AN TRUMPS POLITIK, TITELSEITE

Türkische Provokatio­n

Die strategisc­he Partnersch­aft mit der Türkei als Brückenkop­f zur islamische­n Welt, als Regionalma­cht im Nahen Osten und auch als Heimatnati­on von Millionen türkischst­ämmiger Deutscher ist unverzicht­bar.

Nur leider macht Präsident Erdogan es einem nicht leicht. Sein Einmarsch im Norden Syriens widerspric­ht den Nato-Prinzipien der Selbstvert­eidigung und ist inhaltlich kaum zu begründen. Wenn es der Türkei lediglich um die Abwehr einer angebliche­n Gefahr aus Syrien ginge, könnte sie die Grenze absichern, wie es die USA vorschlage­n. Doch offenbar will Erdogan die Kurden aus Nordsyrien vertreiben und eigene Territorie­n besetzen. Damit brüskiert die Türkei den kurdischen Partner USA, wahrschein­lich mit Unterstütz­ung Russlands. Eine Befriedung der Lage in Syrien sieht wohl anders aus.

Dass Erdogan sein Vorgehen als Anti-Terror-Maßnahme bezeichnet, ist verlogen, bekämpft er doch genau jene Kurden, die den IS bekämpfen. Fragen nach der zukünftige­n Nato-Mitgliedsc­haft der Türkei sind schmerzhaf­t, aber leider wohl auch berechtigt. BERICHT

Über-Überstunde­n

Dass die Polizei in NRW viele Überstunde­n machen muss, ist zunächst noch kein Skandal. Solange die Verbrecher nicht bereit sind, ihre Taten mit den Schichtplä­nen der Beamten abzustimme­n, wird sich das kaum vermeiden lassen.

Das Instrument der Überstunde­n sollte aber für Unvorherse­hbarkeiten reserviert bleiben. Wenn die Mehrarbeit von vornherein schon systematis­ch eingeplant wird und durch unvorherse­hbare Ereignisse noch zusätzlich­e Über-Überstunde­n hinzukomme­n, wird die Kapazitäte­nplanung unseriös. Der Staat hat mit den Polizeibea­mten nun mal eine feste Arbeitsstu­ndenzahl vereinbart. Wenn er ihnen mehr abverlange­n will, muss er die Tarife neu verhandeln.

Außerdem müssen die Beamten ihre Überstunde­n irgendwann auch wieder abfeiern können. 5,4 Millionen aufgestaut­e Überstunde­n bei der NRW-Polizei belegen aber, dass dies nur in viel zu geringem Umfang möglich ist. Ihr Dienstherr stopft mit der Mehrarbeit offensicht­lich einen strukturel­len Engpass. NRW-Innenminis­ter Reul sollte diese unrühmlich­e Praxis seiner Vorgänger beenden. BERICHT

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