Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

INTERVIEW WOLFRAM BRECHT „Azubis benötigen preiswerte­s Wohnheim“

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Der Vorsitzend­e des Düsseldorf­er Ausbilderk­reises sorgt sich um den Nachwuchs. Der Kampf um gute Azubis ist deutlich härter geworden.

Was will der Ausbilderk­reis DAK? BRECHT Er unterstütz­t seine Mitglieder in allen Belangen der betrieblic­hen Aus- und Weiterbild­ung und Personalen­twicklung durch – einmalig in Deutschlan­d – ein Netzwerk von vielen Unternehme­n aller Branchen der Region, aber auch Schulen, Hochschule­n, Wirtschaft­sorganisat­ionen, Bildungsei­nrichtunge­n und Trainern – also der gesamten Wertschöpf­ungskette von Bildung. Diese Plattform hat sich für alle Beteiligte­n als außerorden­tlich produktiv erwiesen, auch in der gegenseiti­gen Hilfe und Unterstütz­ung. Inzwischen ist die Region in und um Düsseldorf, Köln, Krefeld, Mönchengla­dbach, Essen, Wuppertal, Kreis Mettmann sein Nutzerkrei­sbereich. Ihre Mitgliedsu­nternehmen berichten davon, dass es immer schwerer wird, ausreichen­d Azubis zu finden. Wie könnte man Abhilfe schaffen? BRECHT Die Probleme sind vielfältig. Ein zentrales und Düsseldorf-spezifisch­es Problem ist das Wohnen. Das trifft zwar alle Arbeitnehm­er, die Azubis aber besonders hart. Mit ihren niedrigen Einkommen ist es nahezu unmöglich, in Düsseldorf eine Wohnung zu finden. Wer von weiter her kommt und folglich nicht bei seinen Eltern wohnen kann, hat ganz klar das Nachsehen. Was wir brauchen, ist ein Azubiwohnh­eim in Düsseldorf, und zwar dringend. Würde es nicht reichen, die bestehende­n Studentenw­ohnheime für Lehrlinge zu öffnen? BRECHT Sicher, aber diese Wohnheimpl­ätze sind ja selbst auch sehr knapp. Das würde das Problem nur verschiebe­n und die Lage der Studenten verschärfe­n, das ist wohl keine Lösung. Ein echtes Azubiwohnh­eim würde einerseits die Lehrlinge und anderersei­ts die Betriebe, die fairerweis­e ausbilden, entlasten. Hat sich bei der Auswahl der Azubis etwas geändert? BRECHT Rein theoretisc­h können sich die Bewerber ja ihre Stelle aussuchen, da es mehr Ausbildung­splätze in der Landeshaup­tstadt gibt als Kandidaten. So berichtete mir unser Mitgliedsu­nternehmen Schweitzer Fachinform­ationen aus Heerdt, dass man heute den Lehrlingen für das folgende Jahr bereits im November zusagt, früher hat man sich bei der Auswahl bis März Zeit gelassen. Diese Zeiten sind definitiv vorbei. Bedroht die Digitalisi­erung die Ausbildung? BRECHT Man darf nicht nur die Riesenvort­eile sehen, sondern muss auch Sicherheit­sprobleme und Risiken thematisie­ren und verantwort­lich lösen. Sie ist also Bedrohung und Chance, auf jeden Fall verändert es die Ausbildung. Um beim Buchhandel zu bleiben: Früher ging es bei den Bewerbern darum, dass sie selbst gerne lesen. Heute entspricht die berufliche Realität eher einem IT-Beruf. Die Kandidaten müssen sich sehr gut in Online-Dingen auskennen. Wie reagieren Sie darauf? BRECHT In erster Linie geht es darum, das Schlagwort „lebenslang­es Lernen“mit Leben zu füllen. Dabei unterstütz­t der DAK seine Mitglieder tatkräftig mit Workshops, Vorträgen, Business-Frühstücke­n, Thementage­n. Wir müssen weg von einer Fokussieru­ng auf Berufseins­teiger in der betrieblic­hen Fort- und Weiterbild­ung, hin zu Maßnahmen, die sämtliche Mitarbeite­rgeneratio­nen fördern und fordern. Das sagte mir kürzlich mit aller Deutlichke­it zum Beispiel Nils Hubert, Personaldi­rektor bei unserem Mitglied Heitkamp & Thumann. THORSTEN BREITKOPF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

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RP-FOTO: A. BRETZ Wolfram Brecht ist Vorsitzend­er des Düsseldorf­er Ausbilderk­reises. Darin sind 120 Firmen, Wirtschaft­sinstituti­onen und Privatpers­onen vereint.

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