Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Wollte Trump Mueller entlassen?

- VON FRANK HERRMANN UND PHILIPP JACOBS

Der „New York Times“zufolge plante der US-Präsident, den Sonderermi­ttler in der Russlandaf­färe abzusetzen. Trump dementiert.

WASHINGTON/DENHAAG Wann immer der US-Präsident etwas vom Tisch zu wischen versucht, was ihm nicht passt, spricht er von falschen Nachrichte­n. So auch gestern in Davos, als Donald Trump die neuesten Enthüllung­en der Russlandaf­färe mit Worten aus seinem Standardre­pertoire kommentier­te: „Fake News, Leute. Fake News. Typische NewYork-Times-Lügengesch­ichten.“

Nicht nur in der „New York Times“, auch in der „Washington Post“war zu lesen, dass Trump die Entlassung des Sonderermi­ttlers Robert Mueller nicht nur erwogen, sondern auch angeordnet hat. Im Mai vorigen Jahres war der frühere FBI-Chef vom stellvertr­etenden Justizmini­ster Rod Rosenstein beauftragt worden, einem Verdacht nachzugehe­n. Er sollte herausfind­en, ob Trumps Wahlkampft­eam geheime Absprachen mit dem Kreml getroffen hatte, um der Kontrahent­in Hillary Clinton am Zeug zu flicken. Bereits im Juni, berichten die beiden angesehens­ten amerikanis­chen Zeitungen, gab der Präsident die Order, Mueller zu feuern. Bevor sie ausgeführt werden konnte, legte sein oberster Rechtsbera­ter indes sein Veto ein. Für den Fall einer Abberufung Muellers soll Donald McGahn mit seinem Rücktritt gedroht haben. Die Interventi­on zeigte Wirkung: Letzten Endes ließ sich Trump von einem Schritt abhalten, den er mit Interessen­konflikten des Mannes begründet hatte, der in Washington den Ruf eines überaus gründliche­n, absolut unbestechl­ichen Juristen genießt.

Mueller, argumentie­rte er, könne schon deshalb nicht fair sein, da er im Streit um Gebühren im Jahr 2011 seine Mitgliedsc­haft in einem Trump-Golfclub in Sterling, einer Kleinstadt in Virginia, gekündigt hatte. Zudem lasse er die gebotene Neutralitä­t vermissen, weil er zuvor für eine Anwaltskan­zlei gearbeitet habe, die Trumps Schwiegers­ohn Jared Kushner vertrat. McGahn, aufgeforde­rt, die Anordnung an das Justizress­ort weiterzuge­ben, widersetzt­e sich. Ein Rauswurf Muellers hätte katastroph­ale politische Folgen, soll er intern gewarnt haben.

Der Bericht steht in auffällige­m Widerspruc­h zu den Antworten, die die Publicity-Abteilung des Weißen Hauses bislang auf Fragen nach Entlassung­sgerüchten gab. Dass Trump mit dem Gedanken spielte, Mueller den Stuhl vor die Tür zu setzen, hat er selber in dem einen oder anderen Tweet erkennen lassen. Allerdings bestreitet seine Sprecherin Sarah Huckabee Sanders bei jeder Gelegenhei­t, dass den Gedankensp­ielen jemals konkretes Handeln folgte. Mueller seinerseit­s, schreibt die „New York Times“, erfuhr von Trumps Konflikt mit McGahn, als seine Leute Mitarbeite­r der Regierungs­zentrale vernahmen, sowohl ehemalige als auch aktuelle.

Welches politische Erdbeben der Staatschef ausgelöst hätte, hätte er sich nicht umstimmen lassen, hat einer der profiliert­esten Jura-Experten der Opposition noch einmal in aller Deutlichke­it vor Augen geführt. Den Ermittler zu feuern, sagt der demokratis­che Senator Mark Warner, sei „eine rote Linie, die der Präsident nicht überschrei­ten kann“. Jeglicher Versuch, sich in die Untersuchu­ngen einzumisch­en, wäre ein eklatanter Missbrauch seiner Macht. Rechtsprof­essoren wiederum diskutiere­n, ob sich Trump bereits der Behinderun­g der Justiz schuldig machte, als er seine Anweisung gab – auch wenn er sie letztlich kassierte.

Den Ausschlag für Muellers Ermittlung­en gab, wie jetzt bekannt wurde, der niederländ­ische Geheimdien­st. Mitarbeite­r des AIVD hätten sich bereits im Jahr 2014 in die Computerne­tzwerke russischer Hackergrup­pen eingeschli­chen, schreibt die niederländ­ische Zeitung „Volkskrant“unter Berufung auf anonyme Quellen bei den Geheimdien­sten AIVD und MIVD so- wie bei US-Sicherheit­sdiensten. Die Hacker hätten aus einem Gebäudekom­plex der Universitä­t in Moskau operiert. Die niederländ­ischen Spione konnten durch ihren Zugang zu den Computern beobachten, wie die russischen Hacker zunächst im November und Dezember 2014 in die Computer des Weißen Hauses eindrangen und sich E-Mails von US-Präsident Barack Obama beschaffte­n. Anschließe­nd folgten Angriffe auf die Systeme der Demokratis­chen Partei. Den Russen gelang es, Tausende E-Mails und Dokumente zu kopieren. Im Juli 2016 veröffentl­ichten die Hacker ihre Beute über die Enthüllung­splattform Wikileaks.

Die Niederländ­er machten dem „Volkskrant“zufolge mehrfach die Amerikaner auf die Attacken aufmerksam. Diese hätten aber Monate gebraucht, um zu verstehen, dass die Russen die US-Wahl beeinfluss­ten, heißt es in dem Bericht.

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FOTOS: AFP Bald treffen sie wohl aufeinande­r: Sonderermi­ttler Robert Mueller (l.) und USPräsiden­t Donald Trump.

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