Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
„Bis an die irakische Grenze“
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan plant, die Offensive gegen die Kurden voranzutreiben. Es droht Streit mit den USA.
ANKARA (dpa) Trotz anhaltender US-Kritik will der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan die Militäroperation in Nordwestsyrien auf weitere kurdisch kontrollierte Gebiete ausweiten. Nach der Region Afrin werde die Türkei die Region Manbidsch „von Terroristen säubern“, sagte das Staatsoberhaupt vor Bürgermeistern seiner islamisch-konservativen Partei AKP. „Und dann werden wir unseren Kampf so lange fortsetzen, bis zur irakischen Grenze kein einziger Terrorist übrig bleibt.“Die von kurdischen Milizen kontrollierte Stadt Manbidsch liegt östlich von Afrin in der Nähe der türkischen Grenze.
Die Türkei richtet ihre Offensive in der Region Afrin gegen die kurdischen Volksschutzeinheiten YPG, die mit den USA verbündet sind. Ankara sieht die YPG als syrischen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, die in der Türkei, in Europa und den USA auf der Terrorliste steht. Ein Vorgehen der Türkei gegen Manbidsch wäre vor allem heikel, weil die USA dort zuletzt Ausbilder stationiert hatten.
Im Laufe des Syrienkonflikts haben die Kurden die Terrormiliz Isla- mischer Staat (IS) in Nordsyrien bekämpft und kontrollieren seitdem fast auf der gesamten Länge der syrisch-türkischen Grenze große Gebiete. Die Türkei will eine langfristige kurdische Kontrolle der Grenzgebiete verhindern.
Erdogan kritisierte die USA erneut für ihre Unterstützung der YPG und sagte: „Unser größtes Bedauern ist, dass diese Terrororganisationen mit den Flaggen Amerikas in dieser Region frei herumlaufen. Womit sollen wir das erklären?“
Unterdessen gibt es unterschiedliche Angaben über zivile Opfer bei der türkischen Militäroffensive. Während Erdogan betonte, dass keine Zivilisten zu Schaden kämen („Unser Volk und unsere Armee haben definitiv kein Kinderblut an den Händen“), meldete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte allein gestern fünf getötete Zivilisten durch türkische Luftschläge. Es handele sich um eine Familie, darunter zwei Kinder. Nach Angaben der in Großbritannien ansässigen Beobachtungsstelle gibt es bislang 38 zivile Todesopfer. Der türkische Gesundheitsminister Ahmet Demircan sagte, bislang seien drei türkische Soldaten sowie elf Kämpfer der von der Türkei unterstützten Freien Syrischen Armee getötet worden. 130 FSA-Kämpfer wurden demnach verletzt.
Die türkischen Streitkräfte teilten mit, in der Nacht zu gestern habe die Luftwaffe bei der Offensive „Olivenzweig“Verstecke und Waffenlager der kurdischen YPG bombardiert. Dabei seien 23 Ziele zerstört worden. Seit Beginn der Offensive am vergangenen Samstag seien 343 gegnerische Kämpfer „neutralisiert“worden. Damit ist in der Regel „getötet“gemeint.