Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Das Schreddern der Küken soll endlich enden
Rewe bezeichnet ein Verfahren zur Bestimmung des Geschlechts im Ei jetzt als praxistauglich. Auch Minister Schmidt ist überzeugt.
BERLIN Das grausame Töten von männlichen Küken könnte bald ein Ende haben. Ein Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei, das das umstrittene Schreddern von jährlich rund 50 Millionen Tieren allein in Deutschland überflüssig macht, sei praxistauglich, sagte der Leiter der Strategie- und Innovationsabteilung für nachhaltige Entwicklung der Rewe Group, Ludger Breloh, unserer Redaktion. „Jetzt stehen wir vor dem Durchbruch.“Die Markteinführung werde 2018 angestrebt. Sie dauere etwa ein bis drei Jahre.
Reww könnte damit Experten der Agrarholding EW Group zuvorkommen, die ebenfalls einen baldigen Durchbruch ankündigen. REWE setzt auf ein von der Universität Leipzig entwickeltes endokrinologisches Verfahren, bei dem die Eier neun Tage bebrütet und dann mit einer Art Fruchtwasseruntersuchung per Nadel auf das Geschlecht untersucht werden. Die EW Group verfolgt ein ebenfalls von der Uni Leipzig entwickeltes spektroskopi- sches Verfahren, bei dem per Laser ein Loch in die Schale gefräst und das Geschlecht mit Hilfe eines gestreuten Lichtstrahls und eines Algorithmus bestimmt wird. In beiden Fällen werden die männlichen Eier aussortiert und anderweitig verarbeitet.
Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) sagte unserer Redaktion: „Nachdem in der Vergangenheit insbesondere das spektroskopische Verfahren im Blick der Öffentlichkeit war, ist nun das endokrinologische Verfahren in der Entwicklung bereits weiter fortgeschritten und wird die Praxisreife nach jetzigem Stand früher erreichen. Eine Markteinführung noch in diesem Jahr scheint realistisch.“Wenn die vom Ministerium geförderte ReweTechnik flächendeckend verfügbar sei, könnten Kostengründe für das Kükentöten keine Ausrede mehr sein. Das Ministerium hat die Forschung insgesamt mit rund fünf Millionen Euro gefördert.
Bisher werden jährlich rund 100 Millionen Küken ausgebrütet, die Legehennen kommen in die Auf- zucht, die Hähne werden getötet. Das spektroskopische Verfahren gilt als anfälliger, weil es etwa durch die nötige Verklebung des Laserloches zu Missbildungen kommen kann.
Der Agrarexperte der Grünen im Bundestag, Friedrich Ostendorff, klagt: „Das Ministerium hätte viel früher mit Rewe zusammenarbeiten und das weniger Erfolg versprechende spektroskopische Verfahren aufgeben sollen. Dann hätte das andere Verfahren die Praxisreife schneller erlangt.“Breloh sagt, wichtige Kriterien für die Markteinführung seien die Geschwindigkeit der Maschinen und deren Integrationsfähigkeit in bestehende Anlagen. Das Verfahren soll allen Marktteilnehmern angeboten werden. Die Investitionskosten könnten zum Teil kompensiert werden, weil das Ausbrüten der Küken, deren manuelle Geschlechtsbestimmung und die anschließende Tötung auch Geld koste. Nach dem Tierschutzgesetz ist dieses Töten verboten. Aus wirtschaftlichen Gründen werden aber Ausnahmen erteilt. Alle Klagen dagegen wurden bisher abgewiesen.