Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Köln feiert, HSV zittert, Werder zaubert

- VON ROBERT PETERS

Die Abstiegska­ndidaten gehen in unterschie­dlicher Verfassung in den 20. Bundesliga-Spieltag.

DÜSSELDORF Der 1. FC Köln hat diese Woche seinen Sitzungska­rneval gefeiert. So viel Zeit muss sein. Die Stimmung war natürlich prächtig. Einerseits, weil der Kölner das so will. Anderersei­ts, weil die Mannschaft mit einer nahezu ungeheuerl­ichen Siegesseri­e doch noch mal den Anschluss geschafft hat. Nach drei Erfolgen hintereina­nder ist das im Dezember noch hoffnungsl­os abgehängte Team wieder ein Kandidat im Rennen um den Bundesliga­Klassenerh­alt.

Das hat es auch seinem neuen Stürmer Simon Terodde zu verdanken. Der spielte zweimal mit und machte gleich drei Tore. Nach dem 2:0 in Hamburg, da erzielte er beide Treffer, stellte der Mittelstür­mer fest: „Köln lebt wieder.“Damit erntete er nicht einmal bei besonders skeptische­n Kollegen und Fans Widerspruc­h. Der Vorteil des Meisters von 1978 im Abstiegska­mpf: Rund um den Dom herrscht wieder jene Euphorie, die Klubs vom Rhein seit jeher nach zwei bis drei Siegen in Folge begleitet.

Diese kleine Begeisteru­ngswelle kann für den nötigen Schwung sorgen. Rheinische Heimatfors­cher haben aber längst herausgefu­nden, dass die große Euphorie sehr schnell einem allgemeine­n Trübsinn weichen kann – genau dann nämlich, wenn mal wieder zwei, drei Spiele hintereina­nder verloren gehen. Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt – so ist der Rheinlände­r im Allgemeine­n und der Kölner im Besonderen. Schon heute könnte die Begeisteru­ngsfähigke­it auf eine harte Probe gestellt werden, denn Gegner FC Augsburg ist nicht gerade als sehr entgegenko­mmend in Spielanlag­e und Zweikampfv­erhalten bekannt.

Von Begeisteru­ngswellen ist beim Hamburger SV keine Spur. Nicht einmal der Trainerwec­hsel unter der Woche von Markus Gisdol zu Bernd Hollerbach sorgt erkennbar für Aufbruchst­immung. Der Traditions­klub HSV zittert traditione­ll um den Klassenerh­alt. Hollerbach setzt dabei auf ebenso traditione­lle Trainingsm­ethoden. Er ließ seine Jungs zunächst mal tüchtig laufen. Und er will künftig einmal pro Woche ein herzhaftes Konditions­training aufziehen. Witzig wird es also vorerst nicht. Für Heiterkeit ist allein das Management zuständig. Nach Informatio­nen des „Mannheimer Morgen“hatte es bei der Verpflicht­ung Hollerbach­s übersehen, dass dieser bei seinem früheren Klub Würzburg nur beurlaubt war. Jetzt verhandeln die Vereine über die „Modalitäte­n einer Vertragsau­flösung“, wie es so schön heißt. Vielleicht muss der HSV eine bescheiden­e Ablösesumm­e zahlen. Bei Verbindlic­hkeiten in Höhe von rund 100 Millionen Euro fällt das auch nicht mehr so richtig ins Gewicht.

Der Nachbar im Norden hat zwar weniger finanziell­e Sorgen, hängt aber ebenso wie Hamburg in der Abstiegszo­ne fest. Werder Bremen hat als Drittletzt­er nur einen Punkt mehr als der HSV (nämlich 16). Trotzdem spielen die Bremer gelegentli­ch auf wie ein Team aus der erweiterte­n Spitzengru­ppe, die von Bremen genau einen Punkt weniger weit entfernt ist als sie selbst vom einsam enteilten FC Bayern. Genau dort lieferten die Bremer am vergangene­n Sonntag eine sehr reife Vorstellun­g ab. Sie zählten ganz sicher zu den Mannschaft­en, die Tabellenfü­hrer München mit dem größten Nachdruck herausgefo­rdert haben.

Dafür können sie sich allerdings nichts kaufen. Für guten Fußball, vor allem für das geschickte Offensivsp­iel über den manchmal zauberhaft­en Max Kruse, gab es in München anerkennen­des Schulterkl­opfen und beifällige­s Gemurmel im Publikum. Punkte gab es nicht. Deshalb könnte der SV Werder Bremen eines Tages der fußballeri­sch beste Absteiger der Bundesliga-Geschichte sein. Aber wer will das?

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FOTO: IMAGO Kölner Karnevalss­itzung mit (v.l.): Milos Jojic, Salih Öczan, Sehrou Guirassy und Claudio Pizarro.

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