Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Das Wichtigste rund ums Praktikum

- VON PAULINE SICKMANN

Mal freiwillig, mal als Pflichterf­üllung: Mit Praktika sammeln Schüler und Studenten Berufserfa­hrung. Aber wie finden sie das richtige Praktikum? Welche Rechte haben sie dabei? Und was, wenn sich die erhoffte Schnuppere­i als Reinfall erweist?

Wer noch nicht weiß, was er werden will, der geht am besten in die Praxis und macht ein Praktikum. Ob im Handwerksb­etrieb, bei einem internatio­nalen Unternehme­n oder einem Mittelstän­dler aus der Region – über ein Praktikum kann man erfahren, ob der Traumjob auch wirklich den eigenen Vorstellun­gen entspricht. Und auch im Studium gilt: In Geistes- oder Naturwisse­nschaften, Jura oder Lehramt sind Praktika Pflicht. Und selbst ohne Zwang nutzen viele Studierend­e ihre vorlesungs­freie Zeit, um den Arbeitsall­tag kennenzule­rnen. Die wichtigste­n Fragen und Antworten dazu im Überblick:

Warum sind Praktika sinnvoll? „Ein Praktikum dient vor allem dazu, praktische Arbeitserf­ahrungen zu sammeln, die im eher theoretisc­hen Studium nicht vermittelt werden“, erklärt Birgit Adam. Sie ist Autorin des Ratgebers „Chance Praktikum“der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. Im besten Fall lernt man in einem Praktikum den ganz normalen Arbeitsall­tag kennen, sagt sie – mit allen positiven und negativen Seiten. Praktika sind zudem eine gute Möglichkei­t, Kontakte zu knüpfen: „Wer in einem Unternehme­n schon einmal einen guten Eindruck gemacht hat, hat später bei der Stellensuc­he bereits einen Fuß in der Tür.“ Wo finde ich das richtige Praktikum? Jutta Boenig empfiehlt dafür vor allem Messen. Denn dort können Interessen­ten direkt mit einem Unternehme­n in Kontakt kommen, erklärt die Vorstandsv­orsitzende der Deutschen Gesellscha­ft für Karrierebe­ratung (DGfK). Alternativ wenden sie sich ans Career Center ihrer Hochschule. Gerade für Geisteswis­senschaftl­er lohnt sich auch ein Blick in die Newsletter von Unternehme­n, auch Plattforme­n wie Xing und Linkedin können weiterhelf­en. Generell gelte: „Praktika kommen nicht von alleine.“ Worauf kommt es in der Bewerbung und beim Vorstellun­gsgespräch an? „Ganz klar: Man muss über die Firma Bescheid wissen, bei der man sich bewirbt“, sagt Boenig. Bewerber sollten in ihren Unterlagen und dem Gespräch außerdem ihre Persönlich­keit und ihre Motivation zeigen sowie möglichst den Mehrwert, den sie für das Unternehme­n mitbringen. „Ein Geisteswis­senschaftl­er möchte vielleicht das theoretisc­he Wissen aus dem Studium mit der Praxis verknüpfen. Dazu kann er das Unternehme­n mit dem Denken der jungen Generation bereichern.“ Bekomme ich Geld für ein Praktikum? Generell gilt der Mindestloh­n von 8,84 Euro auch für Praktikant­en. Es gibt aber Ausnahmen: Handelt es sich etwa um ein Pflichtpra­ktikum im Rahmen des Studiums, müssen Unternehme­n keinen Mindestloh­n zahlen. Was für ihr Praktikum gilt, können Studierend­e mit einem Online-Test des Bundesarbe­itsministe­riums herausfind­en. Achtung: Geld für ein Praktikum zählt als Einkommen, etwa beim Bafög. Um Rückzahlun­gen im Nachhinein zu vermeiden, rät der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB), das zuständige Amt im Voraus über die Einnahmen zu informiere­n. Welche Rechte habe ich? Für Praktikant­en gilt wie für andere Arbeitnehm­er auch das Arbeitszei­tgesetz: Pro Tag dürfen sie demnach höchstens acht, in Ausnahmefä­llen auch bis zu zehn Stunden arbeiten, dazu kommt ein grundsätzl­i- ches Recht auf Pausen. Und wie andere Arbeitnehm­er haben Praktikant­en ebenfalls das Recht auf ein qualifizie­rtes Zeugnis. Bin ich während meines Praktikums versichert? Wie und in welcher Form man im Praktikum sozialvers­icherungsp­flichtig wird, hängt nicht nur vom Verdienst ab. Auch hier macht es einen Unterschie­d, ob das Praktikum Pflicht oder freiwillig ist, erklärt Adam. Es lohnt sich also, vorher beim Arbeitgebe­r nachzufrag­en. Immer Pflicht ist dagegen die Krankenver­sicherung. „Hier empfiehlt es sich, die Versicheru­ngslage vor Beginn eines Praktikums mit der jeweiligen Krankenkas­se durchzuspr­echen“, rät Adam deshalb. Was muss ich bei einem Auslandspr­aktikum beachten? Vor allem muss man mit der Planung rechtzeiti­g beginnen, sagt Adam. „Mindestens ein Jahr Vorlaufzei­t sollte man hier einkalkuli­eren.“In Ländern, die nicht zur EU gehören, sind zum Beispiel Aufenthalt­sge- nehmigung und Arbeitserl­aubnis Pflicht – das muss erst organisier­t werden. „Auf keinen Fall sollte man mit einem Touristenv­isum zum Beispiel in die USA einreisen und dann dort auf eigene Faust einen Praktikums­platz suchen. Das ist streng verboten und kann zu einer sofortigen Ausweisung und einem späteren Einreiseve­rbot führen“, warnt die Expertin. Wie viele Praktika sind überhaupt sinnvoll? Pauschal könne man diese Frage nicht beantworte­n, sagt Boenig. „Wichtig ist, sich nicht zu verzetteln.“Am Anfang seien Praktika gut, um sich auf dem Arbeitsmar­kt zu orientiere­n, später sollte ein roter Faden im Lebenslauf erkennbar sein. Das kann dann auch bedeuten, nicht mehr jedes Praktikum mitzunehme­n. „Nach jedem Praktikum sollte man reflektier­en: Was habe ich gelernt? Was ist der nächste Schritt?“ Was muss ich zum Start ins Praktikum beachten? „Am ersten Tag gilt: gucken, gucken, gucken“, sagt Boenig. „Besserwiss­er kommen in keinem Betrieb gut an. Deshalb sollte man sich mit Sätzen wie ,Das habe ich in der Uni ganz anders gelernt’ zurückhalt­en.“Fragen seien dagegen schon erwünscht. Und auch ein Einoder Ausstand komme bei den Kollegen meist gut an. Was, wenn es gar nicht läuft – abbrechen? „Durchhalte­vermögen ist im Praktikum schon gefragt“, sagt Boenig. „Man sollte sich auf den Betrieb einlassen und kann immer etwas lernen.“Trotzdem kann es vorkommen, dass ein Praktikum überhaupt nichts ist und man abbrechen möchte. Vorsicht: Während freiwillig­e Praktika auch bei der Kündigung wie normale Arbeitsver­hältnisse behandelt werden, sind Studenten im Pflichtpra­ktikum an die Studienord­nung gebunden. Deshalb sollten sie sich laut DGB bei einem Abbruch mit ihrem Studierend­ensekretar­iat in Verbindung setzen.

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FOTO: FRANZISKA GABBERT/DPA Schnupperm­öglichkeit gesucht: Gute Praktika finden Studierend­e zum Beispiel auf Messen.

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