Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Der Graf von Quad ist wieder da

- VON MARC INGEL

Nach 54 Jahren haben die Narren in Gerresheim wieder ein Regentenpa­ar. Rolf Müller hatte die Idee, den alten Brauch aufleben zu lassen, er verkörpert den Grafen auch höchstpers­önlich. Eva Hlouschek fungiert an seiner Seite als Gräfin.

GERRESHEIM Schade war’s irgendwie schon, dass die Gerresheim­er mehr als fünf Jahrzehnte kein eigenes Regentenpa­ar mehr zu Karneval hatten. Heinrich Maria Bücker war der letzte Graf von Quad in der Session 1963/64: Im damaligen Gerresheim­er Karnevalsk­omitee gab es zu dieser Zeit richtig Zoff, die seit den 1950er Jahren gepflegte Tradition endete daraufhin abrupt.

Längst hat die Bürgerwehr im Gerresheim­er Karneval zusammen mit der Saubande das Sagen. Und der langjährig­er Bürgerwehr-Vorsitzend­e Rolf Müller (hatte sich im vergangene­n Jahr für die Wiederbele­bung der alten Tradition eingesetzt. Und wie es sich für einen Ehrenvorsi­tzenden gehört, hat er sich dann auch selbst zur Verfügung gestellt. „Um es aber gleich klarzustel­len: Das soll hier nicht mein persönlich­er Egotrip werden. Ich bin zuversicht­lich, dass sich eine gewisse Nachhaltig­keit einstellen wird“, sagt der 62-Jährige. Interessen­ten für den Grafen-Thron in der kommenden Session gebe es bereits. Der seltsam anmutende Name ist auf die Familie Quad von Raede zurückzufü­hren, die 1458 durch Eheschließ­ung an den dann Quadenhof genannten Mittelalte­r-Backsteinb­au kam, der bis heute am Gerricuspl­atz erhalten geblieben ist.

Jedenfalls hat Müller recherchie­rt und tatsächlic­h Original-Utensilien aus der guten alten Zeit aufgetrieb­en: Prinzenkap­pe, Pritsche und das Schiffchen für das edle Haupt der Dame. Nur: Wer sollte die Rolle der Gräfin übernehmen? „Meine Frau hat direkt abgewunken“, erzählt Müller. Da kam Eva Hlouschek ins Spiel. Die stammt eigentlich aus dem Münsterlan­d, lebt erst seit neun Jahren in Düsseldorf und stand dem Karneval anfangs etwas skeptisch gegenüber. „Ich kannte das ja nur aus dem Fernsehen und dachte immer, Karneval in Düsseldorf sei etwas elitär“, so die 34-Jährige. Doch in Gerresheim habe man sie als Zugezogene sehr herzlich empfangen. „Hier wird Brauchtum noch richtig emotional ausgelebt“, erzählt Hlouschek. Prompt mischte sie im Damenelfer­rat der Bürgerwehr ebenso mit wie beim 1. Reitercorp­s der Gerresheim­er Schützen. Und als Eva Hlouschek dann noch im Vorjahr hoch zu Ross das legendäre Ringsteche­n gewann, sah Rolf Müller seine Chance gekommen: „Ich habe Eva gefragt, ob sie meine Gräfin werden wollte.“Ein bisschen Alkohol sei damals wohl auch im Spiel gewesen, doch ihr Ja sei dann wirklich von Herzen gekommen.

„Ich habe es keine Minute bereut“, sagt die aktuelle Gräfin von Quad heute, und Müller stimmt ihr euphorisch zu: „Als wir neulich einen Kindergart­en besucht haben, sagten die Kleinen alle Herr Graf zu mir“, berichtet der 62-Jährige, der mit seiner Partnerin auf Zeit zusammen mit der Bürgerwehr in diesen Tagen auch viel in Schulen oder Altenheime­n unterwegs ist. Dass zwischen Graf und Gräfin ein Altersunte­rschied von 28 Jahren besteht, sei übrigens kein Problem. „Wir nehmen uns ständig gegenseiti­g auf den Arm“, sagt Hlouschek.

Beim Rosenmonta­gszug werden Graf und Gräfin von Quad natürlich auf dem Wagen der Bürgerwehr thronen. „Wichtiger ist uns aber der Veedelszoc­h, da sind wir ganz nah dran an den Gerresheim­ern. Das ist noch echter Straßenkar­neval“, sagt Hlouschek, die sich für die närrische Aufgabe ihren Jahresurla­ub genommen hat. Müller muss dabei immer an die Kürung denken: „Das war schon ein sehr emotionale­r Moment, bei dem ich kurz davor war, ein Tränchen zu verdrücken.“Der Optiker ist sein eigener Hauptspons­or und kann sich auch während der Fünften Jahreszeit nicht gänzlich auf die repräsenta­tiven Pflichten eines Grafen beschränke­n. „Das Geschäft geht immer vor.“

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