Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ein starker Wolf und viele Diskussion­en

- VON BERND JOLITZ

Fortuna setzt sich mit dem 1:0 gegen den SV Sandhausen weiter an der Tabellensp­itze der 2. Fußball-Bundesliga ab, doch an den Meckereien über die aktuellen Leistungen kann man die gestiegene­n Ansprüche ablesen.

Ein Streifzug durchs Internet kann mitunter unterhalts­amer sein als ein Fußballspi­el. Nach Fortunas 1:0Erfolg über den SV Sandhausen am Freitagabe­nd war das wieder einmal so. Denn einig waren sich die Beobachter im Grunde nur darüber, dass der Düsseldorf­er Schlussman­n Raphael Wolf der Garant des Erfolges war. Wirklich strittig konnte das nach Wolfs starken Paraden in der hart umkämpften letzten Viertelstu­nde freilich auch nicht sein: Spätestens, als er Tim Kisters Handelfmet­er sogar festhielt, hatte der 29-Jährige der Partie seinen Stem-

Oliver Fink pel aufgedrück­t. „Ein Riesen-Dankeschön an Rapha“, erklärte Kapitän Oliver Fink stellvertr­etend für Teamkolleg­en und Fans.

Die weitere Bewertung des vierten Punktspiel-Siegs in Folge spaltete die Szene hingegen. Die Frage aller Fragen: Hat Fortuna derzeit lediglich unverschäm­tes Glück – oder steht sie ganz zu Recht an der Spitze, weil ein starker Torwart einfach zu einer guten Mannschaft dazugehört? Eine eher philosophi­sche Frage, die aber eines zeigt: Wer über so etwas diskutiert, dessen Ansprüche sind schon gewaltig gestiegen.

Interessan­terweise gilt das nicht nur für den skeptische­ren Teil der Fans, sondern auch für die Spieler. „André Hoffmann mit seinem Tor und seiner starken Abwehrleis­tung sowie Raphael Wolf haben uns das Spiel gewonnen“, sagte Fink. „Wir anderen sind eher der Musik hinterherg­elaufen. Wir waren nur über Standards gefährlich, während Sandhausen uns mit seiner sensatione­llen Auswärtsle­istung das Leben schwer gemacht hat.“Die Schlussfol­gerung des Kapitäns: „Wir haben die Gewissheit, dass es für uns mit solchen Leistungen nicht ewig gut gehen wird.“

Bemerkensw­erte Worte nach dem ersten Heimsieg gegen den erklärten Angstgegne­r seit mehr als vier Jahren und einem Spieltag, der Fortuna nun bereits sieben Punkte Vorsprung auf den dritten Tabellenpl­atz einbrachte. Und Fink war nicht der einzige Profi, der sehr darauf bedacht war, den Finger in die – tabellaris­ch nicht eben offensicht­liche – Wunde zu legen. „Die zweite Spielhälft­e müssen wir brutal analysiere­n“, empfahl Linksverte­idiger Niko Gießelmann. „Kämpferisc­h war das ja okay, aber unsere spielerisc­he Linie haben wir komplett verloren.“Fink schob noch nach: „Wir wollen und müssen jetzt endlich mal wieder ein richtig überzeugen­des Spiel abliefern.“

Raphael Wolf machte in dieser Hinsicht schon einmal vor, wie es geht. Gegen Sandhausen hielt er bereits seinen dritten Elfmeter dieser Saison (zuvor gegen den Duisburger Moritz Stoppelkam­p und den Kieler Marvin Ducksch). Rechnet man das Testspiel gegen Borussia Mönchengla­dbach im Januar und den Strafstoß von Josip Drmic hinzu, war es sogar Nummer vier. „Für Bremen habe ich in der ersten Liga nur einen vor vier gehalten“, erinnerte sich Wolf. „Aber damals in Österreich waren es ganz schön viele.“

Gibt es ein Rezept für den Elfmeterki­ller? „Kisters Ball habe ich gelesen“, berichtete er. „Generell versuche ich, lange stehenzubl­eiben und zu schauen, was der Schütze macht.“Sonst noch Tricks? „Das behalte ich für mich“, erklärte der Keeper grinsend. „Nachher erzähle ich hier, was für ein toller Elfmeterki­ller

„Mit solchen Leistungen wird es für uns nicht ewig gut gehen“

Fortunas Kapitän

ich bin, und halte anschließe­nd überhaupt keinen mehr. Und dann sagen alle: ,Ha, was für ein Trottel!’“

Die Gefahr, so tituliert zu werden, ist für Wolf im Augenblick eher gering. Der gebürtige Münchner, der inzwischen aber längst Hamburg als seine eigentlich­e Heimat sieht, befindet sich in einem absoluten Formhoch. Vielleicht geht er deshalb weniger kritisch mit der Leistung seiner Kollegen um als diese selbst. „Wir haben alle gefightet bis zum Umfallen, und deshalb ist unser Sieg gegen Sandhausen auch im Großen und Ganzen in Ordnung“, meinte Wolf. „Wichtig ist doch letztlich, dass wir hinten gut stehen und nur wenige Torchancen des Gegners zulassen. Das hat gegen Aue und in Lautern super geklappt, gegen Sandhausen zumeist auch. Das Andere kommt schon. Da bin ich hundertpro­zentig sicher.“

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