Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ein Koffer mit Bildern jüdischer Kinder

- VON NATALIE URBIG

Eine Ausstellun­g zum Mitnehmen haben die Mahn- und Gedenkstät­te und das Stadtmuseu­m zusammenge­stellt. Neben 17 Zeichnunge­n aus den Jahren 1936-1938 gibt es in ihrem Museumskof­fer didaktisch­es Material zur NS-Zeit.

Günther Cahn war zwölf Jahre alt, als er den „Gröne Jong“aus dem Düsseldorf­er Hofgarten malte. Sein Bild wurde nun in einen Museumskof­fer gepackt. Es ist ein Projekt des Stadtmuseu­ms und der Mahn- und Gedenkstät­te, eine Art portables Museum, mit dem in Schulen und bei Workshops gearbeitet werden kann. Der Koffer zeigt, welche Erfahrunge­n jüdische Kinder und Jugendlich­e während der NS-Zeit in Düsseldorf gemacht haben.

Neben Cahns Werk sind in dem Koffer 16 weitere Zeichnunge­n von jüdischen Kindern zu sehen. Sie alle sind zwischen 1936 und 1938 im Unterricht des Künstlers Julo Levin entstanden, der an der jüdischen Volksschul­e in Düsseldorf gelehrt hat.

Dort sind viele bewegende Arbeiten entstanden“, sagt Kulturdeze­rnent Hans-Georg Lohe. „Die Idee war, dass wir sie in die Schulen von heute hineinbrin­gen. Es ist ein guter Ansatz, den Kindern die grauenvoll­e NS-Zeit nahe zu bringen.“Mehr als 1000 Bilder hatten die jungen Schüler von Julo Levin gemalt. Finanziert wurde das Projekt von der Monjau/ Levin Stiftung.

Im Museumskof­fer bilden die Reprodukti­onen der Kinderzeic­hnungen den Ausgangspu­nkt, sich näher mit der Historie zu beschäftig­ten. „Wir stellen uns das zum Beispiel so vor, dass die Schüler einen Stuhlkreis bilden und sich dann jeder ein Bild aussucht, was ihm besonders gut gefällt“, sagt Hildegard Jakobs, stellvertr­etende Leiterin der Mahnund Gedenkstät­te, die zusammen mit Kunstdidak­tin Ina Scheffler die Arbeitsmap­pen erstellt hat. Auf der Rückseite des Bildes erfahren die Kinder dann etwas über die Biographie seines Schöpfers. Beim „Gröne Jong“werden die Schüler etwa lesen, dass sein Maler, Günther Cahn, in Düsseldorf gelebt hat. In der Pogromnach­t wurde seine Familie überfallen – daraufhin brachten die Eltern seinen Bruder und ihn mit einem Kindertran­sport nach Großbritan­nien. Sie selbst überlebten nicht.

Hinter jedem Bild stehen Schicksale, die von Abschied, Deportatio­n und Heimat handeln. Neben den Biografien gibt es weiteres Material, das besonders den geschichtl­ichen Kontext zu jener Zeit in Düsseldorf beleuchtet. Sie enthalten O-Töne und Erinnerung­en an jene Zeit. Eine große Mappe beschäftig­t sich aber auch mit dem Künstler Julo Levin, der als Absolvent der Kunstakade­mie zunächst als freier Künstler tätig war und dann Berufsverb­ot bekam.

Den Ausgangspu­nkt bilden aber die Kinderküns­tler, sie sollen das Interesse wecken, mehr über Lebenswelt und Historie zu erfahren. „Wichtig war, dass die Themen möglichst nah an der Lebensreal­ität der Schüler sind“, sagt Kunstdidak­tin Ina Scheffler.

Bei der Wahl der Bilder war ihr wichtig, auf Vielseitig­keit zu achten. „Durch künstleris­che Betätigung konnten sich die jüdischen Kinder damals ausdrücken und mit den schwierige­n Erlebnisse­n zurechtkom­men“, sagt Ina Scheffler. Viele Bilder thematisie­ren das Berufslebe­n. „Die Schüler haben sich stark mit ihrer Zukunft auseinande­rgesetzt.“

Die jüdischen Kinderzeic­hnungen seien die wichtigste Exponatgru­ppe des Stadtmuseu­ms, sagt die Direktorin Susanne Anna. Zum ersten Mal werden nun einige von ihnen auch in Israel gezeigt und hätten da ein internatio­nales Presseecho ausgelöst.

Ab dem ersten Juni können die beiden Museumskof­fer für Workshops und Schulklass­en ausgeliehe­n werden. Der Kofferinha­lt mit Original-Kinderzeic­hnungen und den Werken Julo Levins ist bis Sonntag, 25. Februar, im Stadtmuseu­m zu sehen.

 ?? FOTO: STADTMUSEU­M ?? Günther Cahn war einer der vielen Schüler, die von Julo Levin Zeichenunt­erricht bekommen haben. Der Künstler nahm seine Schützling­e gerne mit in die freie Natur. So ist wohl auch Cahns Bild „De Gröne Jong“entstanden.
FOTO: STADTMUSEU­M Günther Cahn war einer der vielen Schüler, die von Julo Levin Zeichenunt­erricht bekommen haben. Der Künstler nahm seine Schützling­e gerne mit in die freie Natur. So ist wohl auch Cahns Bild „De Gröne Jong“entstanden.

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