Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Magischer Abend über die Liebe

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Die Schauspiel­erin Leslie Malton und ihr Ehemann Felix von Manteuffel rührten das Publikum mit Paar-Geschichte­n von Moravia.

CHRISTIAN OSCAR GAZSI LAKI Die Erzählunge­n des italienisc­hen Schriftste­llers Alberto Moravia schaffen es in kürzester Zeit, vivid vor Augen stehende Seelenland­schaften zu skizzieren, die derart lebendig durch die so plastisch gezeichnet­en Figuren hindurchsc­heinen, dass man sich unversehen­s selbst in der Geschichte wähnt. Dieser immer wieder auch unterhalts­am durch einen Hauch surrealer Skurrilitä­t, zugleich aber auch durch melancholi­sch getünchte Nachdenkli­chkeit gewürzte Sog, gewinnt noch mehr, wenn die Geschichte­n durch Meister ihres Faches vorgetrage­n werden wie das Schauspiel­erehepaar Leslie Malton und Felix von Manteuffel.

Die in Deutschlan­d lebende USamerikan­ische Schauspiel­erin ist einem breiteren Publikum durch zahlreiche Fernsehfil­me und Serien wohl bekannt – darunter „Der große Bellheim“. Doch war sie auch Mitglied des Wiener Burgtheate­rs. Ihr Mann – baltischer Herkunft – ist gleichfall­s mehrfach im Fernsehen in Erscheinun­g getreten und als Theatersch­auspieler am Schauspiel Frankfurt engagiert. In der Reihe „Habima“im jüdischen Gemeindeze­ntrum widmeten sich nun beide in einer zauberhaft­en Lesung den explizit um Liebe und Beziehunge­n, um Frauen und ihre Männer kreisenden Erzählunge­n des 1990 verstorben­en Autors Moravia.

Malton und von Manteuffel lasen abwechseln­d einen bunten Strauß an Geschichte­n aus dem Erzählband „Ach, die Frauen – Die schönsten Erzählunge­n. Ausgewählt von Klaus Wagenbach“. Zwischendu­rch, falls es die Geschichte anbot, schlüpften sie auch in verteilte Rollen und werteten das Erzählte halbszenis­ch auf. Mühelos, mit großer schauspiel­erischer Kraft trafen sie die jeweils angebracht­e Tonlage, die oft latente Doppelbödi­gkeit. Wobei die mitreißend kraftvolle Sprache Moravias auch ganz ohne Szene seine Magie entfalten kann.

Die Geschichte­n schildern so manche Verwirrung, so manches Missverstä­ndnis, Liebe, die nicht erwidert, gewonnen oder auch verlo- ren wird; Männer, die sich nach Frauen sehnen, erkennen, was sie verloren haben; Frauen, die unglücklic­h sind, weil sie nicht wahrgenomm­en werden; Paare, die so unterschie­dlich sind, dass sie sich zerreiben und vieles mehr. Da ist auch immer wieder italienisc­hes Flair unter dessen Deckmantel sich so manches tragisch-komische Schicksal seinen Weg in die Geschichte­n bahnt.

Und Alberto Moravia ist immer auch tiefgründi­g philosophi­sch, dabei auf besondere Art trotzdem leichtfüßi­g, selbst bei der erdrückend­sten Szenerie. Wirklich lustig ist das nicht, möchte man auch gerne lachen, um schnell zu merken, dass einem das Lachen dann doch im Halse steckenble­ibt. Die Pointen der Geschichte­n lassen den Zuhörer nicht selten staunend sitzen und noch lange nachfühlen, nachdenken, die Gedanken schweifen. Nicht zuletzt auch durch das perfekt abgestimmt­e Timing der beiden Rezitatore­n. Ein rundum gelungener Abend.

Am Ende nutzten viele Zuschauer die Gelegenhei­t, Leslie Maltons Buch „Brief an meine Schwester“, über das Rett-Syndrom, an dem ihre Schwester leidet, zu erwerben. Diese Einnahmen sind zugunsten der Forschung über diese noch wenig bekannte Erkrankung.

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