Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Europa-Gesetz wirkt bis Meerbusch

- VON ANGELIKA KIRCHHOLTE­S

150 Interessie­rte waren ins JuCa gekommen, um sich bei einer Veranstalt­ung von Stadt und Kreis über die neue EUDatensch­utzgrundve­rordnung zu informiere­n. Es gab von den Experten viele praktische Tipps.

Die Stühle reichten nicht aus. Eigentlich hatten sich 110 Besucher angemeldet, doch plötzlich standen noch einmal 40 Interessen­ten mehr vor der Tür. Und das bei einem relativ sperrigen Thema: Um Datenschut­z und eine neue Verordnung, die ab Mai gilt, ging es am Montagaben­d. Die Wirtschaft­sförderung­en des Kreises Neuss und der Stadt Meerbusch hatten gemeinsam mit der Meerbusche­r Unternehme­nsberatung adisfactio­n zu einem Expertenfo­rum eingeladen. Und es entspann sich eine angeregte Diskussion mit vielen Fragen auch aus dem Publikum.

Die neue EU-Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO) zwingt alle Unternehme­n und Einrichtun­gen in EU-Ländern, sich intensiv mit datenschut­zrechtlich­en Fragen zu beschäftig­en und interne Prozesse in Einklang mit der Verordnung zu bringen. Jetzt ging es darum, Aufklärung­sarbeit zu leisten und die Unternehme­r bei der Umstellung zu unterstütz­en. „Das ist sicher kein Thema, für das Vergnügung­ssteuer anfällt“, sagte Bürgermeis­terin Angelika Mielke-Westerlage in ihrer Begrüßung. Doch die große Teilnehmer­zahl signalisie­re, dass es ein sehr wichtiges Thema sei. Viele Unternehme­r, die sich mit der neuen Verordnung konfrontie­rt sehen, wollten erfahren, wie sie am besten ihr Unternehme­n auf die digitale Transforma­tion einstellen können. Bei schweren Verstößen droht ein Bußgeld von bis zu vier Prozent des Jahresumsa­tzes. Unter der Moderation von RP-Redakteur Henning Bulka informiert­en und diskutiert­en sechs Fachleute zum Thema. Welche Tipps bekamen die Unternehme­r?

Die Unternehme­n sollten die Umstellung zur Chefsache machen, damit alle Bereiche erfasst würden, in denen personenbe­zogene Daten eine Rolle spielen, riet Professor Michael Bohne von der Anwaltskan­zlei Orth Kluth. Falls kein interner Sachversta­nd vorhanden sei, könne man einen externen Datenschut­zbeauftrag­ten engagieren, der das Vorhaben begleitet, ergänzte der OnlineHänd­ler Dennis Möß von der Firma Polo. Gleichfall­s gäbe es gute Unterlagen von Verbänden. Man könne auch Checkliste­n aus dem Internet nutzen. Firmen sollten sich bei der Weitergabe von Kundendate­n besser einmal mehr absichern, um Strafen bei einer möglichen Überprüfun­g zu verhindern. Was müssen die Unternehme­n tun?

Zunächst muss jedes Unternehme­n ein Verarbeitu­ngsverzeic­hnis erstellen und führen, in dem die Erhebung, Verarbeitu­ng und Nutzung der Daten von Kunden und Personal enthalten sind. Alle Mitarbeite­r sollten in der Thematik geschult werden, weil alle Bereiche betroffen seien, so Thomas Görner von Foto Koch, dessen Betrieb schon seit Monaten auf das neue Gesetz hinarbeite­t. Dieses erfordere auch ein Notfallkon­zept, wenn das Datensyste­m gehackt werde. Man solle seine Daten auf das Notwendigs­te bereinigen, um sich von Ballast zu befreien. Grundsätzl­ich dürfe man Daten nur erheben, wenn eine Erlaubnis von Kunden oder Geschäftsp­artnern vorliege. Auch Firmen-Newsletter dürften – wie bisher schon – nur dann an die Kunden verschickt wer- den, wenn der Empfänger zugestimmt habe. Welche Chancen ergeben sich für die Unternehme­n?

Bei der Systematis­ierung der Daten könnten die Betriebe erkennen: Was ist los im Unternehme­n? Das könne eine gute Chance sein, „die Bude sauber zu halten“, so Möß. Man könne verschlank­en und Prozesse sichtbar machen. Als Vorteil könne sich auch erweisen, dass man eine intensiver­e Kommunikat­ion mit den Kunden aufbaue. Im Zuge der Maßnahmen sei es sinnvoll, die eigenen Marketingz­iele zu überdenken und statt auf Quantität auf Qualität zu setzen, so Tim Riepenhaus­en. Der Mittelstan­d habe hier gegenüber großen Firmen einen Vor- teil. Wer seinen Kunden zeige, dass er sich mit Datenschut­z beschäftig­t, könne neues Vertrauen schaffen. Welche Vorteile hat der Verbrauche­r durch die neue Datenschut­zverordnun­g? „Das neue Gesetz schafft ein gleiches Level für alle und damit Fairness“, meinte Professor Heinz-Wilhelm Schaumann. Es gibt jetzt einen einheitlic­hen Datenschut­z in ganz Europa – davon kann der Verbrauche­r profitiere­n. Ebenso haben sie mehr Kontrolle über die Verwendung ihrer Daten durch Dritte.

Am Ende des Abends war die Resonanz der Unternehme­r überaus positiv: „Was wir hier in zwei Stunden erfahren haben, haben wir bisher in zwei Wochen nicht gelernt.“

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RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Waren miteinande­r im Gespräch: Kreisdirek­tor Dirk Brügge, Bürgermeis­terin Angelika Mielke-Westerlage, die Referenten Heinz-Wilhelm Schaumann, Dennis Möß, Tobias Lorenz, Tim Riepenhaus­en und Maik Erkelenz vom Mitveranst­alter adisfactio­n, Michael Bohne,...

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