Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Merkel verteidigt Groko-Einigung

- VON JAN DREBES

Die Bundeskanz­lerin räumt schmerzlic­he Kompromiss­e bei der Ressortver­teilung ein. Trotz des Chaos bei der SPD sei die Vereinbaru­ng aber endgültig. Ihren Kritikern in der CDU kommt Merkel entgegen.

BERLIN Angela Merkel hat grundsätzl­iche Kritik an der Koalitions­vereinbaru­ng zwischen Union und SPD zurückgewi­esen. Die geschäftsf­ührende Kanzlerin und CDU-Vorsitzend­e sagte im ZDF, der Vertrag sei „in der Sache sehr zu rechtferti­gen“. Man habe ein Ergebnis erzielt, auf das man stolz sein könne.

Kritik löste in der Union aber nicht nur der Inhalt des Koalitions­vertrags aus, sondern auch die bekannt gewordene Verteilung der Ministerie­n. CDU-Innenexper­te Wolfgang Bosbach sagte unserer Redaktion: „Es war doch nicht absolut zwingend, der SPD auch noch das Finanzmini­sterium zu geben. Was hätte denn dagegen gesprochen, es bei der bisherigen Ressortver­teilung zu belassen? Das hätte die SPD erklären müssen, nicht die Union.“

Merkel räumte ein: „Das ist schmerzlic­h mit dem Finanzmini­ster.“Die Alternativ­e sei jedoch nicht verantwort­bar gewesen: eine Einigung in der Sache, aber nicht bei den Ministerie­n. Zudem könne ein Finanzmini­ster auch „nicht tun und lassen, was er will“, so Merkel. Die Politik sei unter den einzelnen Ressorts abgestimmt.

Anmerkunge­n von CDU-Innenpolit­iker Armin Schuster, wonach mit dem Verzicht von SPD-Chef Martin Schulz auf den Außenminis­terposten die gesamte Ressortver­teilung wieder infrage stehe, wies Merkel zurück: Die Verteilung der Ministerie­n sei für sie nun fix, sagte die Kanzlerin. Schulz wünschte sie „menschlich alles Gute“.

Entgegenko­mmen signalisie­rte sie der Jungen Union. Die CDUNachwuc­hsorganisa­tion hatte von Merkel verlangt, bis zum Parteitag am 26. Februar bekannt zu geben, wer Minister in der Koalition werden soll. „Es müssen Namen genannt werden. Nur so kann die Partei guten Gewissens der Koalition zustimmen“, hatte JU-Chef Paul Ziemiak der „Bild am Sonntag“gesagt. Merkel versprach nun, bis zum Parteitag würden die Namen bekannt. Sie betonte, wie im Wahlkampf angekündig­t, für die gesamte Legislatur­periode „an Bord“zu sein. Auch wenn die SPD-Basis den Koalitions­vertrag ablehne und damit eine große Koalition unmöglich mache, stehe sie zur Verfügung. Realis- tisch wäre dann allerdings nur noch eine Minderheit­sregierung.

Bosbach, der zu Merkels innerparte­ilichen Kritikern zählt, erwartet dennoch keine Revolte in der CDU: „Sie ist im Gegensatz zur SPD doch eher pflegeleic­ht.“Die Kanzlerin werde auf dem Parteitag erklären, dass alle Vereinbaru­ngen mit der SPD alternativ­los seien, und die Partei werde dem mit großer Mehrheit zustimmen.

Auch in der SPD kann von Konzentrat­ion auf die Inhalte des Koalitions­vertrags keine Rede sein. Wie die „Bild am Sonntag“berichtet, soll Fraktionsc­hefin Andrea Nahles bereits morgen kommissari­sch den Parteivors­itz von Martin Schulz übernehmen. Aus der Partei hieß es dazu lediglich, dass man morgen das weitere Vorgehen beraten werde. Generalsek­retär Lars Klingbeil äußerte sich entspreche­nd, sagte aber auch: „Wer meint, er müsste Personalde­batten vorher anheizen und Foul spielen, der muss mit der Roten Karte rechnen.“

Mit dem Debakel um Schulz, der nach der Aufgabe des Parteivors­itzes wegen Widerstand­s an der Basis auch nicht Außenminis­ter in der geplanten Koalition mit der Union werden wird, wächst aus Sicht der Verhandler von Union und SPD das Risiko, dass die SPD-Basis mehrheitli­ch den Koalitions­vertrag ablehnt. Denn in den kommenden Wochen steht bis zum 2. März der Entscheid der rund 463.000 SPDMitglie­der über den Eintritt in die große Koalition an.

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