Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Merkel braucht einen Befreiungsschlag
Jeder Tag mehr, den Kanzlerin Merkel nur geschäftsführend im Amt ist, kostet sie Autorität – im Inland wie auf internationalem Parkett. Dass sich eine völlig desolate SPD in inhaltlichen wie in personellen Fragen bei den Koalitionsverhandlungen weitgehend durchsetzen konnte, lässt Merkel umso schwächer erscheinen. In Europa und im Rest der Welt ruft die aktuelle Handlungsunfähigkeit der bisher mächtigsten Frau der Welt Besorgnis hervor.
Die Kanzlerin braucht dringend einen Befreiungsschlag. Nachdem sie sich von der SPD die Bedingungen für die nächste Regierung hat diktieren lassen, muss sie in die Offensive kommen. Dass sie nun vor der SPD ihre Minister präsentieren möchte, ist richtig, wird aber nur wie ein Tropfen auf dem heißen Stein wirken. Mindestens eine personelle Überraschung, die für den so oft beschworenen Aufbruch steht, muss dabei sein. Merkel sollte das Signal setzen, dass die CDU mehr ist als Merkel pur, dass es um mehr geht als um ihr Amt. Diese Botschaften braucht die CDU-Chefin unabhängig vom SPD-Votum. Sollte die SPD-Basis Nein zur Groko sagen, ist die personelle Erneuerung der CDU für Merkel umso wichtiger. Andernfalls könnte sie von dem zu erwartenden Chaos hinweggespült werden. BERICHT
Trumps Mogelpackung
Republikaner und Demokraten in den USA sind sich nur sehr selten einig, aber dass das Land dringend in seine marode Infrastruktur investieren muss, darüber herrscht ausnahmsweise mal Konsens. Zu offensichtlich ist das Desaster angesichts tiefer Schlaglöcher, bröckelnder Brücken und überlasteter Stromleitungen. Präsident Donald Trump hat nun seinen schon im Wahlkampf angekündigten großen Infrastrukturplan vorgestellt: Anderthalb Billionen Dollar sollen binnen einer Dekade investiert werden. Eine gewaltige Summe.
Doch bei genauerem Hinschauen erweist sich das Rettungspaket für Amerika als Mogelpackung. Denn aus dem Bundeshaushalt sollen nur 200 Milliarden Dollar fließen; den Rest sollen private Investoren stemmen. Das liegt auch daran, dass Trumps Republikaner soeben eine Steuerreform durchgewunken haben, die die ohnehin schon horrende amerikanische Staatsverschuldung in den kommenden Jahren noch weiter nach oben treiben wird. Das Geld, das Trump verspricht, ist schlicht nicht mehr da. Sein toller Infrastrukturplan ist ein Projekt auf Pump. BERICHT TRUMP VERSPRICHT 200 MILLIARDEN . . ., TITELSEITE
Frechheit siegt
Düsseldorf hat das, was die Narren mögen – die längste Theke der Welt und den besten Rosenmontagszug in Deutschland. So politisch, so frech, so auf den Punkt – so gut kann das kein anderer am Rhein. Im Ranking des rheinischen Frohsinns stellt Mainz die besten Redner, Köln die bekanntesten Bands und Düsseldorf die bösesten Wagen. Während Köln Prominenz zur Prunksitzung versammelt, werden in Düsseldorf Potentaten angeprangert. So auch gestern. Da kennen die Düsseldorfer nichts. Sie drehen Martin Schulz durch den Wolf, zeigen Merkel als Schwarze Witwe und Lindner als Hasenfuß.
Karneval am Rhein lebt von Pointe, Provokation, Protest. Düsseldorf beherrscht alle drei Spielarten und setzt sie beim Rosenmontagszug in Szene. So ist der Zug weit mehr als ein lustiger Ausflug feierfreudiger Alttrinker. Er ist das, was Demokratie braucht: Meinungsäußerung! Kommentiert wird, was Politik und Wirtschaft (weltweit) angerichtet haben: Skandale und Krisen – von Diesel bis Nord-Korea, von Brexit bis Air Berlin. Der Mut zur Frechheit möge dem Düsseldorfer Karneval erhalten bleiben! Nur so bleibt er einzigartig. BERICHT WAGEN WIE DIESE, TITELSEITE