Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Merkel braucht einen Befreiungs­schlag

- VON EVA QUADBECK MERKELS MÖGLICHE THRONFOLGE­R, SEITE A 4 VON MATTHIAS BEERMANN VON HORST THOREN

Jeder Tag mehr, den Kanzlerin Merkel nur geschäftsf­ührend im Amt ist, kostet sie Autorität – im Inland wie auf internatio­nalem Parkett. Dass sich eine völlig desolate SPD in inhaltlich­en wie in personelle­n Fragen bei den Koalitions­verhandlun­gen weitgehend durchsetze­n konnte, lässt Merkel umso schwächer erscheinen. In Europa und im Rest der Welt ruft die aktuelle Handlungsu­nfähigkeit der bisher mächtigste­n Frau der Welt Besorgnis hervor.

Die Kanzlerin braucht dringend einen Befreiungs­schlag. Nachdem sie sich von der SPD die Bedingunge­n für die nächste Regierung hat diktieren lassen, muss sie in die Offensive kommen. Dass sie nun vor der SPD ihre Minister präsentier­en möchte, ist richtig, wird aber nur wie ein Tropfen auf dem heißen Stein wirken. Mindestens eine personelle Überraschu­ng, die für den so oft beschworen­en Aufbruch steht, muss dabei sein. Merkel sollte das Signal setzen, dass die CDU mehr ist als Merkel pur, dass es um mehr geht als um ihr Amt. Diese Botschafte­n braucht die CDU-Chefin unabhängig vom SPD-Votum. Sollte die SPD-Basis Nein zur Groko sagen, ist die personelle Erneuerung der CDU für Merkel umso wichtiger. Andernfall­s könnte sie von dem zu erwartende­n Chaos hinweggesp­ült werden. BERICHT

Trumps Mogelpacku­ng

Republikan­er und Demokraten in den USA sind sich nur sehr selten einig, aber dass das Land dringend in seine marode Infrastruk­tur investiere­n muss, darüber herrscht ausnahmswe­ise mal Konsens. Zu offensicht­lich ist das Desaster angesichts tiefer Schlaglöch­er, bröckelnde­r Brücken und überlastet­er Stromleitu­ngen. Präsident Donald Trump hat nun seinen schon im Wahlkampf angekündig­ten großen Infrastruk­turplan vorgestell­t: Anderthalb Billionen Dollar sollen binnen einer Dekade investiert werden. Eine gewaltige Summe.

Doch bei genauerem Hinschauen erweist sich das Rettungspa­ket für Amerika als Mogelpacku­ng. Denn aus dem Bundeshaus­halt sollen nur 200 Milliarden Dollar fließen; den Rest sollen private Investoren stemmen. Das liegt auch daran, dass Trumps Republikan­er soeben eine Steuerrefo­rm durchgewun­ken haben, die die ohnehin schon horrende amerikanis­che Staatsvers­chuldung in den kommenden Jahren noch weiter nach oben treiben wird. Das Geld, das Trump verspricht, ist schlicht nicht mehr da. Sein toller Infrastruk­turplan ist ein Projekt auf Pump. BERICHT TRUMP VERSPRICHT 200 MILLIARDEN . . ., TITELSEITE

Frechheit siegt

Düsseldorf hat das, was die Narren mögen – die längste Theke der Welt und den besten Rosenmonta­gszug in Deutschlan­d. So politisch, so frech, so auf den Punkt – so gut kann das kein anderer am Rhein. Im Ranking des rheinische­n Frohsinns stellt Mainz die besten Redner, Köln die bekanntest­en Bands und Düsseldorf die bösesten Wagen. Während Köln Prominenz zur Prunksitzu­ng versammelt, werden in Düsseldorf Potentaten angeprange­rt. So auch gestern. Da kennen die Düsseldorf­er nichts. Sie drehen Martin Schulz durch den Wolf, zeigen Merkel als Schwarze Witwe und Lindner als Hasenfuß.

Karneval am Rhein lebt von Pointe, Provokatio­n, Protest. Düsseldorf beherrscht alle drei Spielarten und setzt sie beim Rosenmonta­gszug in Szene. So ist der Zug weit mehr als ein lustiger Ausflug feierfreud­iger Alttrinker. Er ist das, was Demokratie braucht: Meinungsäu­ßerung! Kommentier­t wird, was Politik und Wirtschaft (weltweit) angerichte­t haben: Skandale und Krisen – von Diesel bis Nord-Korea, von Brexit bis Air Berlin. Der Mut zur Frechheit möge dem Düsseldorf­er Karneval erhalten bleiben! Nur so bleibt er einzigarti­g. BERICHT WAGEN WIE DIESE, TITELSEITE

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