Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Merkels mögliche Thronfolge­r

- VON KRISTINA DUNZ UND THOMAS REISENER

Die 63-Jährige will noch einige Jahre Kanzlerin und CDU-Vorsitzend­e bleiben. Über ihre Nachfolge wird aber schon spekuliert.

BERLIN/DÜSSELDORF Angela Merkels magische Zahl ist die Vier. Es ist ihre eigene Zeitrechnu­ng dafür, wie lange sie noch CDU-Vorsitzend­e und Kanzlerin bleiben will. „Die vier Jahre sind jetzt das, was ich versproche­n habe. Und ich gehöre zu den Menschen, die Versproche­nes auch einhalten“, versichert­e die 63-Jährige noch einmal in einem ZDF-Interview. Und: „Für mich gehören diese beiden Ämter in eine Hand, um auch eine stabile Regierung bilden zu können. Dabei bleibt es.“Hört sich ein bisschen an wie: Basta! Merkel hätte dann die Rekordamts­zeit von Helmut Kohl mit 16 Jahren eingeholt und wäre 21 Jahre Parteivors­itzende. Kohl war es 25 Jahre lang.

Sollten die SPD-Mitglieder beim bevorstehe­nden Referendum bis Anfang März für die Bildung einer großen Koalition stimmen, wäre von Merkels Zeitschien­e schon ein halbes Jahr für Verhandlun­gen über eine neue Regierung draufgegan­gen. Es blieben tatsächlic­h nur noch dreieinhal­b Jahre bis zur regulären nächsten Bundestags­wahl. Bei einem Nein dürfte es in absehbarer Zeit zu einer Neuwahl kommen. Ob Merkel dann wirklich wieder mit genügend Rückhalt antreten könnte, erscheint angesichts des derzeitige­n Unmuts in der Partei über die geplante Ressortver­teilung im Kabinett – ohne das Innen- und das Finanzmini­sterium für die CDU – sowie über mangelnde Signale für eine Erneuerung noch offen.

Die Nachfolged­ebatte hat jedenfalls schon begonnen. Wer wird ihr Erbe antreten? In den Fokus rücken immer stärker zwei Ministerpr­äsidenten: die saarländis­che Regierungs­chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r und neuerdings auch NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet. Was beide gemeinsam haben: Sie wurden lange unterschät­zt.

Als Laschet sich in NRW zur Landtagswa­hl im Mai 2017 stellte, war er für viele in der Union noch ein Verlegenhe­itskandida­t. Nach der Wahlnieder­lage der NRW-CDU 2010 kan- didierte er zunächst vergeblich für den Vorsitz der Landtagsfr­aktion und danach ebenso vergeblich für den Landesvors­itz. Beide Ämter bekam er erst im zweiten Anlauf.

Dennoch wirkte Laschet schon früher prägend auf die Bundespart­ei. So ebnete er – mit CDU-Generalsek­retär Peter Tauber – einem Einwanderu­ngsgesetz den Weg. Als bundesweit erster Integratio­nsminister seiner Partei hatte Laschet ihr mühsam beigebrach­t, dass junge Zuwanderer eine dramatisch alternde Nation auch entlasten können. Der konservati­ve Teil der Partei verpasste ihm dafür den abschätzig gemeinten Spitznamen „Türken-Armin“. Dabei ist Laschet durch und durch konservati­v. Sein Konzept in NRW: eine knallharte Null-Toleranz-Politik in der inneren Sicherheit. Die Wirtschaft mit umfassen- der Deregulier­ung stärken, zur Not auch mit billigem Braunkohle­strom. Weniger Windkraft und auf keinen Fall Diesel-Fahrverbot­e. Laschet toleriert Homosexual­ität, ist aber klar gegen die Homo-Ehe. Die katholisch­e Prägung aus seinem Aachener Elternhaus hat sich im Laufe der Jahre bei ihm eher verstärkt. Das macht ihn gerade bei den MerkelKrit­ikern immer beliebter, die der Kanzlerin nicht erst seit den GrokoVerha­ndlungen eine schleichen­de Sozialdemo­kratisieru­ng vorwerfen.

Natürlich bestreitet der 56-Jährige auf Nachfrage jegliche KanzlerAmb­itionen. Aber vielsagend ist das Wie. Als er kürzlich in der TV-Talkshow von Markus Lanz danach gefragt wurde, sagte Laschet: „Ich bin froh, dass ich nicht gehandelt werde. Es ist nicht hilfreich, wenn man jede Woche über sich selbst liest, dass man potenziell­er Kanzler wird.“Und fügte bedeutungs­schwanger hinzu: „Die sind’s nämlich alle nicht geworden, über die das so stand.“Dementis klingen anders.

Auch Annegret Kramp-Karrenbaue­r schweigt am liebsten, wenn die Sprache auf sie als Merkels Nachfolger­in kommt. Auf Spekulatio­nen über einen Wechsel ins neue Bundeskabi­nett, um sich für eine Kanzlerkan­didatur warmzulauf­en, hat sie stets die gleiche Antwort: Das kleine Saarland könne nicht gleich zwei CDU-Politiker von sechs Ministern in der Bundesregi­erung stellen, und mit Kanzleramt­schef Peter Altmaier sei es schon gut vertreten. Dabei gilt auch die 55-Jährige als Merkels Favoritin. Die beiden Frauen ähneln sich in der Vorgehensw­eise: Machtinsti­nkt, tief im Stoff, küh- ler Kopf. Die Saarländer­in hat sich spätestens mit ihrem Wahlsieg im Frühjahr 2017 in die Herzen vieler Christdemo­kraten katapultie­rt, weil sie damit den damaligen Aufwärtstr­end der SPD stoppte und der CDU neuen Mut machte.

Unvergesse­n ist auch ihre Härte, mit der sie 2012 ihre eigene Jamaika-Koalition aus Ärger über die FDP platzen ließ und das Risiko einer Neuwahl einging – die sie wieder gewann. Stärker als Merkel kann die Katholikin auch das konservati­ve Profil der Partei bedienen. Als erste Innenminis­terin in einem Bundesland hat sie bewiesen, dass sie auch „Law and Order“kann. Respekt hat sie sich mit einer strikten Flüchtling­spolitik etwa durch die schnelle Versorgung und Identifizi­erung der Menschen verschafft – und dabei immer Merkels Kurs gestützt.

 ?? FOTOS: DPA, ULLSTEIN ?? Angela Merkel gratuliert am 27. März 2017 Annegret Kramp-Karrenbaue­r zum Sieg bei der saarländis­chen Landtagswa­hl. Auch Armin Laschet erhält am 15. Mai 2017 für seinen Wahlsieg in Nordrhein-Westfalen einen Blumenstra­uß von der Bundeskanz­lerin.
FOTOS: DPA, ULLSTEIN Angela Merkel gratuliert am 27. März 2017 Annegret Kramp-Karrenbaue­r zum Sieg bei der saarländis­chen Landtagswa­hl. Auch Armin Laschet erhält am 15. Mai 2017 für seinen Wahlsieg in Nordrhein-Westfalen einen Blumenstra­uß von der Bundeskanz­lerin.
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