Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Gutachten: Waffenexpo­rt war damals legitim

- VON GREGOR MAYNTZ

Die Lieferung deutscher Leopard-Kampfpanze­r an die Türkei stellte keinen Völkerrech­tsverstoß dar.

BERLIN Auch vor dem Hintergrun­d der türkischen Offensive im Norden Syriens stellt die deutsche Lieferung von 354 Leopard-Kampfpanze­rn an die Türkei keinen Völkerrech­tsverstoß dar. Zu diesem Ergebnis kommen zwei Gutachten des Wissenscha­ftlichen Dienstes des Bundestags. Allerdings gilt das nicht für künftige Exporte mit dem Wissen von heute.

Die Parlaments­juristen sehen die Mehrheitsm­einung über (völkerrech­tlich zulässige) Angriffe auf nichtstaat­liche Akteure in Bewegung. Darum geht es bei dem aktuellen Waffengang, der sich gegen die kurdische YPG richtet. Freilich hat auch das syrische Regime gegen das Vordringen türkischer Truppen pro- testiert. Die Gutachten verweisen auf eine Reihe offener Fragen, etwa die Zweifel daran, ob es tatsächlic­h zuvor einen großen bewaffnete­n Angriff der YPG auf die Türkei gegeben habe, so dass sich Ankara auf eine völkerrech­tsmäßige Selbstvert­eidigung berufen kann.

Wer einem Selbstvert­eidigungsr­echt gegen solche Akteure nicht folge, für den „dürfte die türkische Militäroff­ensive einen Verstoß gegen das Gewaltverb­ot des Artikel 2 Absatz 4 VN-Charta darstellen“, heißt es in einem der beiden Gutachten weiter. Dann gebe es nicht nur einen Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen, sondern auch einen gegen Artikel 1 des NatoVertra­ges (wonach jeder internatio­nale Streitfall auf friedliche­m Weg zu regeln ist). Die Verantwort­lich- keit der Bundesregi­erung müsse jedoch daran festgemach­t werden, ob sie zum Zeitpunkt der Exportgene­hmigung Kenntnis von einer solchen Militäroff­ensive hatte oder damit hätte rechnen können. Das verneinen die Bundestags­juristen. Die Regierung habe daher einen weiten außenpolit­ischen Entscheidu­ngsspielra­um gehabt. In einem zweiten Gutachten wird zudem geklärt, dass auch das EU-Recht dem Waffenexpo­rt nicht entgegenst­and, da es zu diesem Zeitpunkt noch keine „gemeinsame­n Standpunkt­e“der EU zu Waffenexpo­rten gegeben habe.

„Zumindest könnte die Bundesregi­erung bei künftigen Waffenund Rüstungsex­porten belangt werden, wenn Erdogan erneut friedliche Menschen in einem anderen Staat mit deutschen Waffen tötet, wie er es in Afrin gerade vormacht“, schlussfol­gert die Linken-Abgeordnet­e Evrim Sommer auf der Grundlage der Gutachten. Die Türkei sei kein vertrauens­würdiger Partner mehr, deshalb müsse die „Kumpanei mit Erdogan endlich beendet werden“, so Sommer.

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FOTO: DPA Ein türkischer Panzer vom Typ Leopard 2A4.

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