Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Team Dahlmeier

- VON GIANNI COSTA

Bei den Winterspie­len ist die 24-Jährige mit zwei Goldmedail­len im Biathlon die überragend­e Athletin. Doch es fällt ihr nach wie vor schwer, aus dem Schatten von Magdalena Neuner zu treten.

PYEONGCHAN­G/DÜSSELDORF Als Magdalena Neuner vor sechs Jahren ihre Karriere beendete, da war das ein wenig so, als ob der Star einer sehr, sehr erfolgreic­hen Seifenoper seinen Ausstieg verkündet. Neuner war dem Publikum ans Herz gewachsen. Alles ging seinen gewohnten Gang. Neuner bot die große Unterhaltu­ngsshow am Samstagvor­mittag mit garantiert­em Happy End. Man wusste immer, was man bekommt. Seither spielt sie nun auch abseits der Loipe ihre erfolgreic­hste Rolle: das Mädchen von nebenan. Neuner, heute 31 Jahre alt, ist noch immer eine ziemlich große Nummer im Showgeschä­ft. Sie schreibt Bücher („Meine liebsten Strickidee­n für Babys“), sie hat einen eigenen Fanartikel-Shop (die Magdalena-Neuner-Pudelmütze in Orange gibt es für 49,95 Euro), und sie ist Markenbots­chafterin für verschiede­ne Firmen – von der Krankenkas­se bis zum Hersteller von alkoholfre­iem Weizenbier.

Laura Dahlmeier, 24, hat bei den Spielen in Pyeongchan­g schon zwei Goldmedail­len gewonnen. Und es spricht vieles dafür, dass es das noch nicht gewesen ist. Sie sicherte sich als erste Biathletin das olympische Double aus Sprint und Verfolgung. Bei den Männern hat das nur der große Ole Einar Björndalen aus Norwegen geschafft. „Vielleicht sieben?“, sagt Dahlmeier auf die Frage nach ihren weiteren Gold-Ambitionen. Und korrigiert sich dann gleich selbst: „Ups, es sind ja nur sechs Rennen!“Im deutschen Team beobachtet man die Dahlmeier-Festspiele durchaus kritisch. „Und dann steht eben auch, wenn die Männer am Start sind, das Team D nicht für Team Dahlmeier, sondern für Team Deutschlan­d, und das haben wir heute ganz gut gezeigt“, ätzte Erik Lesser (29) am Sonntag über den Hype um Dahlmeier, nachdem Arnd Peiffer gesiegt hatte.

Es scheint keine Grenzen für die Zollwachtm­eisterin aus GarmischPa­rtenkirche­n zu geben. Sie dominiert mit ihrem taktischen Geschick, perfekten Schießleis­tungen, ihrer Physis, dem Willen zum Erfolg. Die Konkurrenz ist angemessen ehrfürchti­g. „Es gibt viele gute Athletinne­n“, findet die drittplatz­ierte Französin Anais Bescond, „aber Laura dominiert unseren Sport.“

An dieser Stelle könnte diese Geschichte zu Ende sein. Doch was ist, wenn der Schnee geschmolze­n ist? Sportler sind heute eben auch Teil der Unterhaltu­ngsbranche. Es bedarf einer gewissen Vermarktun­g, um sie einem größeren Publikum bekannt zu machen und damit sicherzust­ellen, dass TV-Sender bereit sind, viel Geld zu zahlen, um die Wettkämpfe auch während der normalen Saison zu übertragen. In dieser Disziplin ist Dahlmeier zurückhalt­end. Sie hat Lust auf ihren Sport, auf die Geräusche drumherum eher weniger. Sie meidet den roten Teppich, so oft es geht. Sie hat wenig Interesse daran, Details aus ihrem Seelenlebe­n mit dem Boulevard zu teilen. Man mag vor allem für Letzteres durchaus große Sympathien hegen. Nur: Lädt man jemanden jeden Samstagvor­mittag in sein

Dahlmeier hat noch kein Buch geschriebe­n. Es gibt keinen Fanshop, in dem Dahlmeier-Mützen angeboten werden. Ihre Eltern, so hat sie einmal erzählt, hätten ihr früher vorm Fernseher gesagt: „Wenn du dich anstrengst, dann schaffst du es bis zum König.“Spätestens mit den bisherigen Erfolgen in Südkorea ist sie zur Königin ihres Sports aufgestieg­en. Aber ob sie Nachfolger­in Ihrer Majestät, Magdalena Neuner, der Ersten, wird, darüber entscheide­n nicht nur sportliche Erfolge. Dazu muss sie auch die Gunst eines noch größeren Publikums außerhalb des Sports gewinnen.

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FOTO: PIXATHLON Im Augenblick des Triumphs: Biathletin Laura Dahlmeier mit der Deutschlan­dflagge beim Jubel im Ziel.

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