Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

ESSAY

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Trotz aller Versuche, Scheinen und Münzen die Zukunftsfä­higkeit abzusprech­en, hängen die Deutschen weiter am Bargeld. Vier von fünf Transaktio­nen laufen über Kasse oder Portemonna­ie. Ein Plädoyer gegen den virtuellen Hype.

eine Flucht von Investoren in Sachwerte sein. In manchen Regionen könnte sich eine Immobilien­blase entwickeln oder verstärken, an den Aktienmärk­ten drohte eine Überbewert­ung von Papieren mit entspreche­ndem Crash-Potenzial, der Goldpreis könnte durch die Decke gehen. Wenn dann der Absturz kommt, wird’s ganz bitter.

Und am Rande: In Zeiten von Strafzinse­n, in denen manche Kontoinhab­er dafür zahlen müssen, dass die Bank oder Sparkasse ihr kleines oder großes Vermögen aufbewahrt, ist Bargeld ein Schutz vor Negativzin­sen. Zudem: Sollte Ihre Bank pleite gehen (was in Deutschlan­d zugegebene­rmaßen extrem selten ist) – Bargeld ist sicher. Denn das wird von der Zentralban­k ausgegeben, während die Einlagen bei Ihrem Geldinstit­ut zwar durch alle möglichen Einlagensi­cherungssy­steme abgesicher­t sein sollen. Aber eine Komplett-Garantie im Insolvenzf­all eines einzelnen Geldhauses gibt es nicht. Was nicht heißen soll, dass man sich sein gesamtes Vermögen unters Kopfkissen legen sollte – erst recht nicht, wenn im kommenden Jahr die Zinsen tatsächlic­h wieder leicht steigen sollten. Aber das Bewusstsei­n, wie wertvoll Bargeld im Extremfall ist, kann nicht schaden.

Und jetzt? Immer noch der Meinung, Bargeld sollte komplett verschwind­en? Nicht mal das eingangs erwähnte Argument, ohne Bargeld gebe es weniger Kriminalit­ät, stimmt in dieser Absoluthei­t. Natürlich ist die Abschaffun­g des 500-Euro-Scheins durch die Europäisch­e Zentralban­k ein guter Schritt. Aber: Kriminelle wickeln ihre Zahlungen heute vielfach ohne Bargeld über Briefkaste­nfirmen in irgendwelc­hen Steueroase­n ab, das Darknet bietet Platz für dunkle Geschäfte. Der steile Anstieg des Bitcoin ist nach Einschätzu­ng von Fachleuten auch ein Ergebnis von Kriminalit­ät im Netz, sein zwischenze­itlicher Absturz unter anderem eine Folge der Furcht davor, Bitcoin und Co. könnten staatlich durchaus stärker reguliert werden.

Bargeld hat eine lange Vergangenh­eit – und hoffentlic­h noch viel Zukunft.

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