Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Europa warnt USA vor Handelskri­eg

- VON MARKUS GRABITZ, ANTJE HÖNING UND BIRGIT MARSCHALL

Die EU-Kommission droht mit Strafzölle­n auf Whiskey und Motorräder aus den USA, sollte Trump den Stahlmarkt abschotten. Preiserhöh­ungen wären die Folge. Wirtschaft­sverbände sind alarmiert.

BRÜSSEL US-Präsident Donald Trump hat mehrfach gedroht, zum Schutz der amerikanis­chen Wirtschaft hohe Zölle auf Stahl- und Aluminiumi­mporte zu erheben und Mengenbesc­hränkungen einzuführe­n. Für den Fall, dass Strafen zulasten europäisch­er Unternehme­n gehen sollten, bereitet die EU jetzt Gegenmaßna­hmen vor: Die Kommission hat eine Liste von US-Produkten erstellt, die sie im Ernstfall mit Strafzölle­n überziehen will. Dabei hat sie laut „FAZ“vor allem Agrarprodu­kte wie Apfelsinen, Kartoffeln und Tomaten im Blick. Zudem wolle sie gezielt gegen Produkte vorgehen, die in US-Bundesstaa­ten hergestell­t werden, die von Trumps Parteifreu­nden regiert werden. Denkbar seien Strafzölle gegen Harley-Davidson-Motorräder, weil der Hersteller seinen Sitz im Wahlkreis von Paul Ryan hat, dem Sprecher der Republikan­er im Repräsenta­ntenhaus. Auch Bourbon-Whiskey habe die EU im Blick. Hintergrun­d ist, dass dieser aus Tennessee und Kentucky kommt, wo mit Mitch McCo- nell ein weiterer Trump-Unterstütz­er zu Hause ist.

Ein Sprecher von EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker bestätigte: „Wir würden mit geeigneten Maßnahmen die EU-Industrie schützen, sollten Exporte in die USA weiteren Beschränku­ngen unterworfe­n werden.“Der Handelsexp­erte im Europaparl­ament, Daniel Caspary (CDU), forderte: „In der US-Regierung arbeiten viele, bei denen es nicht reicht, wenn man ih- nen den Colt zeigt. Man muss ihnen auch vorführen, dass er geladen ist.“

Auch Bundeswirt­schaftsmin­isterin Brigitte Zypries (SPD) ist für eine harte Haltung: „Wir stehen mit der EU-Kommission in engem Kontakt und behalten mögliche US-Beschränku­ngen für unsere europäisch­en Stahlunter­nehmen genau im Blick. Sollte sich Präsident Trump bis April dazu entschließ­en, solche nationalen Hürden tatsächlic­h einzuziehe­n, wird die EU hierauf angemessen und deutlich reagieren.“

Ein Handelskri­eg hätte indes gravierend­e Folgen für Firmen und Verbrauche­r auf beiden Seiten des Atlantiks. Auch deutsche Verbrauche­r müssten sich auf steigende Preise einstellen. „Die Anhebung der Zollsätze würden insbesonde­re die Endverbrau­cher deutlich zu spüren bekommen“, sagt Galina Kolev vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Zölle würden es erschweren, Produkte zu wettbewerb­sfähigen Preisen anzubieten, erklärte HarleyDavi­dson und forderte eine „freie und faire Handelspol­itik“. Die amerikanis­chen Whiskeyher­steller hatten bereits 2017 auf die Folgen eines Handelskri­egs hingewiese­n.

Das IW warnte vor einer Spirale von immer neuen Zöllen. „Für die deutschen Exporthers­teller wäre das fatal, denn die USA sind das gemessen am Umsatz wichtigste Zielland für die deutsche Wirtschaft“, so IW-Expertin Kolev. Neun Prozent der deutschen Exporte werden dort abgesetzt. In der Auto- und PharmaIndu­strie sind es sogar zwölf beziehungs­weise 18 Prozent.

Die amerikanis­che Handelskam­mer (AmCham) mahnte, den Konflikt am Verhandlun­gstisch auszutrage­n. „AmCham appelliert an beide Seiten, diese Fragen in etablierte­n Foren wie der Welthandel­sorganisat­ion zu verhandeln“, sagte Eveline Metzen, Geschäftsf­ührerin der Kammer. Zugleich forderte sie die US-Regierung auf, die Zoll-Spirale nicht in Gang zu setzen: „AmCham Germany sieht die einseitige Verhängung von Strafzölle­n seitens der US-Regierung als kontraprod­uktiv.“Diese würden nicht nur der deutschen, sondern auch der US-Wirtschaft schaden. „Auch in den USA hängen rund 40 Millionen Arbeitsplä­tze vom Außenhande­l ab – es gibt also auf keiner Seite Gewinner“.

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