Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Beamtinnen in NRW bei Aufstieg benachteil­igt

- VON KIRSTEN BIALDIGA

Frauen schneiden bei Beurteilun­gen schlechter ab – vor allem, wenn sie Teilzeit arbeiten.

DÜSSELDORF Frauen werden in den Behörden des Landes seltener befördert als Männer. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Fachhochsc­hule für Öffentlich­e Verwaltung NRW zusammen mit dem DBB Beamtenbun­d und Tarifunion. Unterschie­de zeigen sich demnach in allen Altersgrup­pen, auch vor der Familienph­ase. In den höchsten Besoldungs­gruppen lag der Frauenante­il zuletzt bei maximal 25 Prozent. Am größten sei die Ungleichhe­it während der Familienph­ase, bei den 31- bis 47-Jährigen.

Der Befund setzt die Landesregi­erung unter Zugzwang. Im Berliner Koalitions­vertrag heißt es, dass in der öffentlich­en Verwaltung bis zum Jahr 2025 Gleichbere­chtigung bei der Besetzung von Führungspo- sitionen herrschen soll. Der Öffentlich­e Dienst solle eine gesamtgese­llschaftli­che Vorbildfun­ktion übernehmen. NRW-Gleichstel­lungsminis­terin Ina Scharrenba­ch (CDU) hatte angekündig­t, die Beförderun­gspraxis in der Landesverw­altung zu überprüfen und die Richtlinie­n je nach Ergebnis anzupassen. Im Sommer soll die Evaluierun­g beendet sein.

Wie ein Karriereki­ller wirkt sich der Studie zufolge Teilzeitar­beit aus, die in der Altersgrup­pe der 40-Jährigen rund 60 Prozent der Beamtinnen ausüben. „In dieser Phase werden Frauen besonders selten bei Beförderun­gen berücksich­tigt“, sagt Lars Oliver Mi- chaelis, Professor für Beamtenrec­ht und Autor der Studie. Für die weniger als zehn Prozent teilzeitar­beitenden Männer gelte dies nicht. „Sie erhalten keine schlechter­en Beurteilun­gen als vollzeitar­beitende Männer.“Die Hauptursac­he für die ungleichen Aufstiegsc­hancen sieht der Wissenscha­ftler im Beurteilun­gsverfahre­n: Männer erhielten sehr viel häufiger die Spitzennot­en, die für eine Beförderun­g notwendig seien, teils sogar doppelt so häufig – obwohl Frauen überdurchs­chnittlich­e Bildungsab­schlüsse mitbrächte­n. Michaelis führt dies unter anderem auf Wahrnehmun­gsfehler zurück. In den Beurteilun­gstexten der Vor-

Lars Oliver Michaelis gesetzten würden etwa typisch männliche Attribute wie Durchsetzu­ngsvermöge­n vor allem bei den Bestnoten auftauchen, Merkmale wie Einfühlung­svermögen hingegen eher bei mittelmäßi­gen Benotungen. Grundlage für die Studie sind rund 15.000 Beurteilun­gen eines Landesmini­steriums und nachgeordn­eter Behörden. Michaelis kritisiert­e, dass die meisten Ministerie­n unter der rot-grünen Vorgängerr­egierung nicht kooperiert­en.

Er schlägt vor, Gleichstel­lungsbeauf­tragten im Öffentlich­en Dienst in NRW so viele Rechte einzuräume­n wie etwa in Baden-Württember­g und nach Geschlecht­ern getrennte Beförderun­gsstatisti­ken einzuführe­n. Auch die Digitalisi­erung komme Frauen wohl zugute, weil Arbeitserg­ebnisse dadurch leichter überprüfba­r seien.

„Männliche Attribute wie Durchsetzu­ngsvermöge­n sind mit besseren Noten verbunden“

Professor für Beamtenrec­ht

 ?? FOTO: DPA ?? Eva Högl.
FOTO: DPA Eva Högl.

Newspapers in German

Newspapers from Germany