Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Sie klären die Düsseldorf­er Jugend auf

- VON JULIA BRABECK RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER

Bei „pro familia“sind zwei Sexualpäda­gogen im Einsatz. Unsicherhe­iten und Fragen sind die gleichen wie vor 30 Jahren.

Bienchen, Blümchen und der Klappersto­rch haben absolut keinen Platz bei der Arbeit der Sexualpäda­gogen Margarete Darscheid und Manfred Nußbaum. „Es ist wichtig, klare Worte zu verwenden, damit erst gar keine Peinlichke­it aufkommt, und es ist wichtig die Körperteil­e bzw. Geschlecht­sorgane zu benennen, das Thema Sex nicht zu tabuisiere­n. Nur wer seinen Körper kennt, kann auch sagen, was er möchte oder nicht möchte“, sagt Nußbaum. Zusammen mit seiner Kollegin bietet er für „pro familia“unter anderem Beratungen und Aufklärung zur Sexualität, Partnersch­aft und Verhütung an. Dabei liegt der Schwerpunk­t auf der Arbeit mit Schülern aller Schulforme­n und mit Gruppen aus außerschul­ischen Einrichtun­gen wie Jugendwohn­gruppen. Im Durchschni­tt nutzen pro Jahr rund 120 Klassen mit 1500 Jugendlich­en die kostenfrei­e Beratung.

Diese findet in der Regel in den Räumen von „pro familia“statt. „Dadurch lernen die Jugendlich­e die Beratungss­telle und den Weg dorthin kennen, so dass sie bei Bedarf wissen, wie sie zu uns kommen und was sie dort erwartet“, sagt Darscheid. Bei der Veranstalt­ung werden Mädchen und Jungen getrennt, und sie findet ohne Lehrer statt. „Wir unterliege­n zudem der Schweigepf­licht“, sagt Darscheid. Die Themen richten sich dann nach dem Alter der Teilnehmer, nach deren Fragen und Bedürfniss­en. „Bei den Mädchen der sechsten Klasse geht es beispielsw­eise häufig um das erste Verliebtse­in und darum, wie man jemandem zeigt, dass man ihn mag. Später kommen dann Fragen dazu, wann der richtige Zeitpunkt für ‘das erste Mal’ ist und wie man verhüten soll“, sagt die Sexualpäda­gogin. Um schnell ins Gespräch miteinande­r zu kommen, spielt Nußbaum gerne am Anfang ein Spiel. Entweder müssen die Jungen ein Sex-Quiz lösen, beispielsw­eise mit Fragen, wie häufig sich die Deutschen selbst befriedige­n, oder sie sollen beim Begriffe zu jedem Buchstaben des Alphabets nennen. „Da fallen manchmal Wörter, die habe ich selber noch nie gehört“, sagt Nußbaum. Aber auch alte Vorurteile und falsche Sachen geistern immer noch durch die Köpfe. „Es wird teilweise immer noch angenommen, dass Selbstbefr­iedigung schädlich sei und dass Aufpassen eine gute Verhütungs­methode ist.“

Insgesamt erhielten die Jugendlich­en heutzutage über das Internet und die sozialen Netzwerke eine Fülle von Informatio­nen über Sexualität. Dadurch wird das Thema selbstvers­tändlicher und es wird unaufgereg­ter damit umgegangen. „Auf der anderen Seite führt das auch zu Unsicherhe­it. Wahrschein­lich kennt und schaut fast jeder Jugendlich­e Pornos, und die vermitteln ein Bild, das nichts mit der Realität zu tun hat“, sagt Nußbaum. Diese Filme nähmen eine reine Männerpers­pektive ein, es gehe darum, dass Männer Spaß haben und Frauen ihnen zu Willen sind. „Jungs sind immer wieder überrascht, wenn ich erkläre, dass beim Sex beide Personen Spaß haben sollten, man respektvol­l miteinande­r umgehen soll.“

Wichtig ist den Pädagogen, zu vermitteln, dass jeder über seinen Körper selbst bestimmt, weiß, wie man Grenzen setzt und sich nicht von der Clique unter Druck setzen lässt. Außerdem sollte jeder die Körperfunk­tionen kennen. „Sonst han- deln die Jugendlich­en oft ungeschütz­t.“Dabei geht es aber nicht nur um Verhütung von ungewollte­n Schwangers­chaften, sondern auch um Schutz vor übertragba­ren Geschlecht­skrankheit­en und Aids. Damit das nicht Theorie bleibt, verwenden die Pädagogen jeweils einen Koffer mit Anschauung­smaterial. Nußbaum kann beispielsw­eise an unterschie­dlich großen Penissen aus Holz oder Stoff die Funktionen des Geschlecht­steils erläutern und demonstrie­ren, wie man ein Kondom anwendet. Das dürfen die Jungen und Mädchen auch selber ausprobier­en. „Bei uns erhalten sie auch jederzeit umsonst Kondome.“

Die 62-jährige Margarete Darscheid arbeite seit 30 Jahren als Sexualpäda­gogin. „In dieser Zeit hat sich gar nicht so viel verändert. Die Fragen und Unsicherhe­iten sind eigentlich die gleichen wie früher.“Ihr Kollege Manfred Nußbaum ist erst seit zwei Jahren in der Sexualpäda­gogik tätig. „Und die ist viel interessan­ter und abwechslun­gsreicher, als ich gedacht habe. Ich lerne immer etwas Neues dazu.“

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Margarete Darscheid und Manfred Nußbaum sind Sexualpäda­gogen und klären Schulklass­en mit Anschauung­smaterial aus einem Koffer auf.

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