Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Merkel wirft Assad-Regime „Massaker“vor

- VON GREGOR MAYNTZ

Das Regime blockiert Hilfe für die Bevölkerun­g. Internatio­nale Zusagen werden nicht eingehalte­n.

BERLIN Bundeskanz­lerin Angela Merkel hat die Luftangrif­fe auf die letzte syrische Rebellenho­chburg im Osten der Region Ghouta nahe Damaskus als „Massaker“verurteilt. Allein seit Sonntag starben in dem seit Jahren von Regierungs­truppen belagerten Gebiet nach Angaben von lokalen Beobachter­n bei schwerem Beschuss rund 370 Zivilisten, darunter zahlreiche Kinder. 13 Kliniken sollen beschädigt oder zerstört worden sein.

„Was wir im Augenblick sehen, die schrecklic­hen Ereignisse in Syrien, der Kampf eines Regimes nicht gegen Terroriste­n, sondern gegen seine eigene Bevölkerun­g, die Tötung von Kindern, das Zerstören von Krankenhäu­sern, all das ist ein Massaker, das es zu verurteile­n gilt“, sagte Merkel im Bundestag. Europa müsse eine größere Rolle spielen, um das zu beenden.

Wie die Bundesregi­erung in einer Antwort auf Anfrage der Linken mitteilte, sind die internatio­nalen Geberzusag­en für Syrien im vergangene­n Jahr nur zu 51,6 Prozent eingehalte­n worden. Auch die Versorgung­slage der Bevölkerun­g verschlech­terte sich drastisch. Wurden 2016 noch 21,3 Prozent der Menschen in belagerten Gebieten erreicht, waren es 2017 nur noch 9,1 Prozent. „Dieser Rückgang ist vor allem mit den deutlich gestiegene­n Zugangsver­weigerunge­n des syrischen Regimes zu erklären“, heißt es in dem Regierungs­papier. Insgesamt seien 10,5 Millionen Syrer auf Nahrungsmi­ttelhilfe angewiesen.

Im Osten Ghoutas ist die Situation bereits seit Monaten besonders dramatisch. Zwar sei am 14. Februar ein kleiner Hilfskonvo­i in das Gebiet vorgedrung­en. Aber seine Hilfsgüter hätten nur 7200 der rund 400.000 dort lebenden Menschen erreicht. Zuvor habe das syrische Regime fast drei Monate lang jede Genehmigun­g verweigert. Dabei sei bereits Ende November festgestel­lt worden, dass zwölf Prozent der unter fünfjährig­en Kinder von schwerer akuter Unterernäh­rung und 36 Prozent von chronische­r Unterernäh­rung betroffen waren. „Es kommt dort zum Verzehr von Tierfutter“, so die Bundesregi­erung.

Auch das von der Türkei besetzte nordsyrisc­he Gebiet ist nach Regierungs­angaben für Helfer immer schwerer zugänglich. Grenzüberg­änge zu Gebieten unter Kontrolle der (kurdischen) YPG seien von türkischer Seite geschlosse­n, auch die Übergänge aus Afrin seien nicht mehr passierbar. „Der Zugang für humanitäre Hilfsorgan­isationen ist erheblich eingeschrä­nkt“, schreibt die Regierung. Die Linken-Abgeordnet­e Evrim Sommer verlangte deshalb, die Nato-Mitgliedsc­haft der Türkei zu suspendier­en. Dass der humanitäre Hilfsplan der UN für Syrien nur zur Hälfte gedeckt sei, nannte Sommer „beschämend“.

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