Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Gewissenha­fte Leipziger Richter

- VON BIRGIT MARSCHALL VON EVA QUADBECK NEUE DEBATTE UM DAS ABTREIBUNG­SRECHT, SEITE A 4 VON MATTHIAS BEERMANN AUF DER SUCHE NACH ALLTAG, SEITE A 5

Die Verhandlun­g des Bundesverw­altungsger­ichts über die Rechtmäßig­keit von Diesel-Fahrverbot­en hat mehr Zeit in Anspruch genommen als erwartet. Die Richter wollen sich nun vier weitere Tage Zeit nehmen. Das spricht für die Tragweite, die sie diesem Urteil beimessen. Und dafür, dass sie diese Entscheidu­ng nicht anderen Gerichten überlassen wollen.

Die Richter müssen abwägen zwischen einem besseren Umwelt- und Gesundheit­sschutz für alle und den Eigentumsr­echten der betroffene­n Diesel-Fahrer. Würde ihnen die Einfahrt in die Städte künftig verwehrt, wäre dies einerseits eine Form der Enteignung. Anderersei­ts muss in dieser Abwägung aber das Allgemeini­nteresse am Ende schwerer wiegen.

Zu begrüßen wäre daher, wenn die Richter die Bundesregi­erung indirekt zwängen, nun endlich die Grundlagen für eine „Blaue Plakette“zu schaffen. Dadurch könnten Fahrverbot­e zwar nicht verhindert, aber auf bestimmte Zonen und Diesel-Modelle beschränkt bleiben. Sie würden bundeseinh­eitlich gelten und wären für die Polizei überhaupt erst kontrollie­rbar. Gleichzeit­ig muss die Politik die Autoindust­rie zwingen, betroffene­n Fahrern die kostenlose Hardware-Nachrüstun­g ihrer Autos anzubieten. BERICHT URTEIL ZU FAHRVERBOT FÜR DIESEL..., TITELSEITE

Keine Werbung

Die geltende Regelung zu Schwangers­chaftsabbr­üchen ist wohlabgewo­gen zwischen dem Schutz des ungeborene­n Kindes und dem Recht der Mutter auf Selbstbest­immung. Die Gesetzgebu­ng, die als Kompromiss aus einer hitzigen öffentlich­en Debatte hervorgega­ngen ist, bedarf keiner Reform. Im Gegenteil: Viele von denen, die jetzt an den Paragraf 219a ranwollen, streben eine neue gesellscha­ftliche Debatte um Abtreibung­en an, deren Ziel es ist, auch den Paragraf 218 mit seinen Auflagen für einen Schwangers­chaftsabbr­uch abzuschaff­en. Das wäre fatal.

Zudem ist es richtig, dass Ärzte für die medizinisc­he Leistung der Abtreibung keine Werbung machen dürfen. Eine Abtreibung ist keine Leistung wie eine Zahnreinig­ung. Preisliste­n und Methoden für einen Schwangers­chaftsabbr­uch sollten nicht von den Medizinern ins Internet gestellt oder auf öffentlich zugänglich­en Info-Tafeln bekannt gemacht werden. Diese Informatio­nen erhalten die Schwangere­n richtigerw­eise im Rahmen der verpflicht­enden Beratung. BERICHT

Die anderen Yücels

Dass der „Welt“-Korrespond­ent Deniz Yücel unlängst aus türkischer Haft freikam, beweist, dass politische­r Druck sehr wohl wirken kann. Der Fall Yücel, seine willkürlic­he Haft ohne Anklage, hatte das Ansehen der Türkei nicht nur in Deutschlan­d, sondern auch internatio­nal so schwer beschädigt, dass man in Ankara schließlic­h bereit war, einzulenke­n. Aber man kann nicht eindringli­ch genug darauf hinweisen, dass Yücels Freilassun­g zwar einen Fortschrit­t darstellt, aber noch längst keinen Durchbruch.

Nachdem mit Yücel der prominente­ste der politische­n Häftlinge aus türkischer Haft freigekomm­en ist, darf man in Berlin nicht die fünf anderen deutschen Staatsbürg­er vergessen, die weiter aus politische­n Gründen in der Türkei inhaftiert sind. Und auch nicht jene rund 30 Deutschen, die wie die Journalist­in Mesale Tolu das Land nicht verlassen dürfen und weiter Angst vor den Nachstellu­ngen einer von Präsident Erdogan instrument­alisierten Justiz haben müssen. Bevor nicht auch ihre Fälle geklärt sind, kann es kein normales Verhältnis zur Türkei geben. BERICHT

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