Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Waffen für Lehrer

- VON FRANK HERRMANN

US-Präsident Trump bringt nach dem tödlichen Amoklauf an einer Schule in Florida einen umstritten­en Vorschlag ins Spiel.

WASHINGTON Donald Trump hält einen Spickzette­l in der Hand, man kann sehen, was darauf steht. Fotografen fotografie­ren, das Fernsehen überträgt live. Falls das mit den Stichpunkt­en ein Geheimnis bleiben sollte, ist es nun keines mehr: „I hear you“(„Ich höre euch“) ist ganz unten auf dem Zettel zu lesen. Der Präsident, der es nach vorangegan­genen Tragödien bisweilen an Empathie fehlen ließ, soll zu keiner Zeit vergessen, worum es geht bei dem Treffen mit Müttern, Vätern, Geschwiste­rn und Freunden von Schusswaff­enopfern am Mittwochab­end im Weißen Haus. Zuhören, Mitgefühl zeigen, die Betroffene­n reden lassen.

Leidensges­chichte folgt auf Leidensges­chichte, nur beschränkt sich Trump nicht aufs Zuhören, er hat auch Vorschläge zu machen. Empfehlung­en, wie sie die Waffenlobb­y seit dem Massenmord an der Sandy-Hook-Grundschul­e im Dezember 2012 immer wieder in die Debatte wirft. Wären zumindest einige Lehrer der Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland bewaffnet gewesen, suggeriert der Präsident, hätte man heute vielleicht weniger Tote zu beklagen.

Um es zu illustrier­en, spricht er von Aaron Feis, dem Football-Trainer, der nach Augenzeuge­nberichten auf den Amokläufer zusprintet­e, sich mit massigem Körper vor seine Schüler warf und dabei tödlich getroffen wurde. Dieser Coach, sagt Trump, habe sich unglaublic­h tapfer verhalten. „Doch hätte er eine Waffe zur Hand gehabt, hätte er nicht rennen müssen. Er hätte geschossen, und das wäre das Ende gewesen.“

Eine Schusswaff­enattacke, argumentie­rt er, dauere im Durchschni­tt drei Minuten. Bis die Polizei am Tatort eintreffe, vergingen indes fünf bis acht Minuten, da sei es in aller Regel vorbei. Wenn nun Schulen schusswaff­enfreie Zonen blieben, bedeute dies aus der Sicht von Wahnsinnig­en: „Lasst uns angreifen, denn es fliegen keine Kugeln zurück“. Wer die Bewaffnung ausgesucht­er Pädagogen für richtig halte, fragt der Präsident schließlic­h in die Runde. Einige Arme gehen hoch, andere bleiben unten.

Laut ABC News und „Washington Post“glauben 59 Prozent der Republikan­er, bewaffnete Lehrer hätten das Massaker in Parkland verhindern können. Demokraten dagegen beantworte­n die Frage zu 73 Prozent mit Nein. Der Vorschlag gehe von völlig unrealisti­schen Szenarien aus, warnt Randi Weingarten, die Vorsitzend­e der amerikanis­chen Lehrer-Vereinigun­g. Denn von den Pädagogen erwarte man eine Geistesgeg­enwart, zu der die meisten Menschen mitten im Chaos einfach nicht fähig seien. In einer solchen Situation den eigenen Revolver zu finden, mit ruhiger Hand anzulegen und mit der Treffsiche­rheit eines Scharfschü­tzen zu treffen – das funktionie­re vielleicht im Film, aber nicht im realen Leben.

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FOTO: SUSANNE GÜSTEN Die Journalist­in Mesale Tolu am asiatische­n Ufer des Bosporus.
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FOTO: DPA US-Präsident Trump spricht im Weißen Haus mit Schülern der Marjory Stoneman Douglas High School, an der ein Amokläufer 17 Menschen getötet hat.

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