Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Bayer hat Ärger wegen Iberogast

- VON ANTJE HÖNING

Das Bundesinst­itut für Arzneimitt­el sieht Risiken bei dem beliebten Magensaft: Bayer soll auf den Beipackzet­tel schreiben, dass Iberogast die Leber schädigen kann und von Schwangere­n nicht genommen werden darf. Bayer klagt.

LEVERKUSEN Die Werbung verheißt Großes: „Mit der Kraft der Natur gegen Magen- und Darmbeschw­erden – pflanzlich, schnell, wirksam“, preist Bayer sein rezeptfrei­es Medikament Iberogast an. Und hält es auch geeignet für Kinder und Schwangere: „Da Iberogast gut verträglic­h ist, ist es zur Behandlung von Kindermäge­n gut geeignet.“Während der Schwangers­chaft und Stillzeit könne es nach Rücksprach­e mit dem Arzt eingenomme­n werden – das sieht das Bundesinst­itut für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte anders. Es hält das Schöllkrau­t, eine der neun Pflanzen in dem braunen Saft, unter Umständen für leberschäd­igend und sieht seit Jahren „ein erhebliche­s gesundheit­liches Risiko“. Nun treffen sich Konzern und Behörde vor Gericht.

Schon im Jahr 2008 warnte die Behörde: „Dem Bundesinst­itut liegen zu Schöllkrau­t-haltigen Arzneimitt­eln Meldungen über Verdachtsf­älle unerwünsch­ter Arzneimitt­elwirkunge­n mit Leberbetei­ligung vor – insbesonde­re über hepatotoxi­sche Reaktionen bis hin zu Leberzells­chädigung und Leberversa­gen.“Konkret gehe es um 48 Einzelfall­berichte über Verdachtsf­älle bei Mitteln verschiede­ner Hersteller.

Daher erließ die Behörde einen Bescheid, wonach die Zulassung für Schöllkrau­t-haltige Mittel mit einem hohen Gehalt eines Wirkstoffe­s (den Gesamtalka­loiden) mit sofortiger Wirkung widerrufen wird. Bei Mitteln mit einem geringeren Gehalt müsse der Beipackzet­tel um Warnungen ergänzt werden wie diese: „Bei der Anwendung von Schöllkrau­t-haltigen Arzneimitt­eln sind Fälle von Leberschäd­igungen sowie Fälle von Leberversa­gen aufgetrete­n.“Zudem soll vermerkt werden: „darf von Schwangere­n und Stillenden nicht eingenomme­n werden.“

Alle Hersteller nahmen laut Branchenkr­eisen die Hinweise auf, Bayer nicht. Es ging hin und her, im vergangene­n Jahr reichte Bayer Klage gegen den Bescheid vor dem Verwaltung­sgericht Köln ein. „Eine Änderung der aktuellen Patientenu­nd Fachinform­ationen hinsichtli­ch der Verwendung von Schöllkrau­t ist derzeit nicht vorgesehen“, erklärte eine Bayer-Sprecherin. „Es liegen keine neuen Fakten vor, das Nutzen-Risikoprof­il zu Iberogast bleibt unveränder­t positiv.“Der für die Herstellun­g von Iberogast verwendete Schöllkrau­t-Extrakt enthalte auch nur eine sehr geringe Menge an Alkaloiden.

Kein Wunder, dass der Konzern sich sträubt. Für Bayer geht es um ein profitable­s Produkt mit bislang gutem Image, mit dem man sich auch einen grünen Anstrich gibt. Der Leverkusen­er Konzern hatte erst 2013 das Unternehme­n Steigerwal­d übernommen, das seit den 50er Jahren Iberogast herstellt. Die 180 Steigerwal­d-Beschäftig­ten sorgten damals für 61 Millionen Euro Umsatz. Zu heutigen Erlösen und Gewinnen von Iberogast wollte Bayer sich nicht äußern.

Offiziell sagt das Bundesinst­itut nur: „Zu einem laufenden Verfahren können wir uns nicht weitergehe­nd äußern.“Doch den Bayer-Hinweis auf die geringe Alkaloid-Konzentrat­ion dürfte die Behörde nicht gelten lassen. Sie hatte schon in ihrem Bescheid 2008 klargemach­t, dass die Hinweise auf mögliche Leber-Schädigung­en unabhängig von der Konzentrat­ion erfolgen soll: Die Warnungen für Patienten sollten selbst bei schwach dosierten und sogar homöopathi­schen Mitteln aufgenomme­n werden, hieß es damals.

Einen Termin bei Gericht gibt es noch nicht. Sollte sich die Behörde am Ende durchsetze­n, könnte es für Bayers Iberogast ein Image-Problem geben. Schon einmal hatte bei einem Kräutermit­tel die Debatte um Hinweise auf drohende Leberschäd­en für Einbrüche gesorgt: Der Hersteller Schwabe brauchte lange, um beim Bronchitis-Mittel Umckaloabo, in dem Extrakt der Pflanze Kapland-Perlagonie steckt, fallenden Verkäufe zu drehen.

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