Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Kein Happy-End in neuer Schläpfer-Choreographie
In einem Talk spricht Martin Schläpfer über sein neues Stück „b.36.“, das im Juni Premiere hat. Die Proben haben noch nicht begonnen.
Am Ende der Gesprächsrunde wollte es ein Zuhörer noch einmal genauer wissen: „Lieber Herr Schläpfer, als Sie 2009 als Ballettdirektor nach Düsseldorf kamen, haben Sie gesagt: von mir wird es keine Gisèle und keinen Schwanensee geben. Warum jetzt der Sinneswandel?“Der bis dahin gehörte „Schwanensee“–Talk von Martin Schläpfer und der Journalistin Dorion Weickmann im Balletthaus hatte zumindest für ihn wohl noch nicht alle Fragen geklärt. Dennoch war die einstündige Information über „b.36“, das am 8. Juni Premiere feiern wird, sehr aufschlussreich. Mehrfach hat Schläpfer in den vergangenen Jahren den „Schwanensee“-Stoff und Iwanows Bewegungsmaterial der beiden Weißen Akte umkreist. Sei es in seinem 2007 uraufgeführten Tschaikowsky-Ballett „Pathétique“oder in der für das Ballett am Rhein entstandenen Choreographie „Johannes Brahms – Symphonie Nr. 2“, die er zunächst als „seinen Schwanensee“bezeichnete. Lange habe er um „Narrationsballette“einen Bogen gemacht, antwortete er dem nachfragenden Ballettfreund. Doch die märchenhafte Geschichte und Tschaikowskys Komposition lassen ihn nicht los.
Wie aber tanzt man einen Märchenstoff so, dass es ein Märchen bleibt? Wie stark ist man in die übermächtig wirkende Tradition aller Vorgänger eingebunden? „Ich mache nicht Schwanensee, um andere zu annullieren,“sagte Schläpfer, der sich dem Verein der Ballettfreunde als nachdenklicher, beinahe wortkarger Künstler präsentierte. Aber natürlich wird auch diese neue Choreographie einige Schläpfer-typische Akzente setzen. Die Tänzerinnen sollen barfuß auftreten. Den zweiten und vierten Akt will er „umkrempeln“. Und für den ersten Akt heißt es: „Ich will es hinkriegen, dass man gleich versteht: Diese Wesen sind junge Frauen.“Odette und Odile, sonst meist von einer Tänzerin präsentiert, werden bei ihm wieder zu einem lebendigen Gegensatz-Paar. Ein Happy-End wird es auch nicht geben. Noch aber haben die Proben nicht begonnen, noch hat er mit seiner Compagnie nicht gesprochen: „Die müssen lernen, dass alles anders wird.“Man darf also, so auch das Fazit von Dorion Weickmann, gespannt sein auf „b.36“. Umso mehr nach Schläpfers eigenem Resümee des Talks: „Ich sage jetzt viel und werde vielleicht alles anders machen.“