Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Ein Schmähgedicht und die Folgen
Beim Besuch der „Rheinischen Post“sprach TV-Satiriker Jan Böhmermann über Meinungsfreiheit und Satire.
DÜSSELDORF Recep Tayyip Erdogan kommt. Der türkische Präsident will Deutschland besuchen, wenn eine neue Regierung vereidigt ist. Zwei Jahre wird die Affäre um das Schmähgedicht von TV-Satiriker Jan Böhmermann dann her sein – aber vom Tisch ist sie noch lange nicht. Das berichtete der ZDF-Moderator bei seinem Besuch in der Redaktion der „Rheinischen Post“. Im Austausch über aktuelle Themen und bei einer Kritikrunde der aktuellen Zeitungsausgabe zog der 37Jährige ein Fazit über die Folgen seines Schmähgedichts.
Er habe den türkischen Präsidenten Erdogan bewusst provoziert, sagte Böhmermann
Juristisch wirkt dieses noch immer nach. Nächste Woche geht die Auseinandersetzung vor dem Hamburger Oberlandesgericht in die zweite Instanz. Zuvor waren weite Teile des Gedichts verboten worden; beide Seiten hatten gegen die Entscheidung des Hamburger Landgerichts Berufung eingelegt.
Vorgetragen hatte Böhmermann das Schmähgedicht im März 2016 in seiner ZDF-Sendung „Neo Magazin Royale“. Bewusst habe er Erdogan darin provoziert, sagte der TV-Moderator – weil das türkische Staatsoberhaupt zuvor gegen ein SatireVideo der NDR-Sendung „extra 3“vorgegangen war. Mit seiner Grenzüberschreitung habe er die Meinungsfreiheit verteidigen wollen. Die Bundesregierung habe sich damals durch den Flüchtlingsdeal mit der Türkei in eine Lage manövriert, in der ein kritischer Umgang mit Erdogan nicht mehr möglich war – das offenzulegen, sei damals sein Ziel gewesen. Erdogan war nach der Ausstrahlung juristisch aktiv geworden. Unter anderem stellte er Strafanzeige gegen Böhmermann. Angela Merkel bezeichnete das Gedicht nach der Sendung als „bewusst verletzend“. Wenig später erteilte die Bundesregierung eine sogenannte Verfolgungsermächtigung und ließ damit ein Ermittlungsverfahren zu. Das Strafverfahren wurde später eingestellt, zivilrechtlich geht der Streit noch immer weiter.