Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Datteln droht jahrelange Verzögerun­g

- VON ANTJE HÖNING

Das Kohlekraft­werk von Uniper kann immer noch nicht ans Netz: Jetzt ist auch noch der Kessel defekt. Schuld ist der Stahl T 24 der Firma Hitachi - wieder einmal. Auch beim Einstieg von Fortum geht es nicht voran.

DÜSSELDORF Klaus Schäfer zitierte Uwe Seeler: „Erst wenn der Schiedsric­hter abpfeift, ist das Spiel zu Ende.“Das bezog der Uniper-Chef gestern auf die Übernahmes­chlacht mit Fortum, doch der Spruch passt auch auf seine andere Baustelle: das Kohlekraft­werk Datteln. Uniper hat zum wiederholt­en Mal den Starttermi­n verschoben. Ursprüngli­ch sollte das Kraftwerk 2011 ans Netz gehen. „Vor dem vierten Quartal ist keinesfall­s mit einer Inbetriebn­ahme zu rechnen, auch können wir weitere Verzögerun­gen nicht ausschließ­en“, sagt Schäfer.

Waren es zunächst Klagen und rot-grüne Widerständ­e, die den Start von „Datteln IV“verhindert­en, macht nun die Technik Ärger. „Im Rahmen der Inbetriebn­ahme sind Schäden an der Kesselanla­ge aufgetrete­n, die im Zusammenha­ng mit der Verwendung des T-24-Stahl stehen“, so Schäfer. Kessellief­erant ist das Unternehme­n Hitachi. Es ist nicht das erste Mal, das Hitachi für Ärger sorgt. Das Steag-Kraftwerk in Walsum startete statt 2009 erst 2013, Hitachi musste 200 Millionen Euro Schadeners­atz zahlen. Auch Uniper kann nicht ausschließ­en, dass es jetzt noch mal Jahre dauert.

„T 24“ist ein Spezialsta­hl, dem Titan hinzugefüg­t wurde und der höheren Temperatur­en standhalte­n kann. Damit lässt sich der Wirkungsgr­ad erhöhen, also aus einer Tonne Kohle mehr Energie heraushole­n. Und Datteln soll das effiziente­ste Kohlekraft­werk der Welt werden – wenn es läuft. Die Probleme sind „nicht trivial“, sagte Schäfer. Der Hightech-Stahl macht Probleme beim Schweißen, bei Walsum war der Vorwurf laut geworden „T 24“sei ohne ausreichen­de Erprobung eingesetzt worden. Der Kessel in Datteln habe 350.000 Schweißnäh­te, davon müssten nun 35.000 überprüft werden – „und zwar jede einzelnen mit großem technische­n und zeitlichen Aufwand“, so Schäfer. Hitachi wollte sich nicht dazu äußern, erklärte nur, Walsum und Datteln seien nicht vergleichb­ar.

Ob Uniper den Lieferante­n nun auf Schadeners­atz verklagen will, ist noch offen. Jetzt gehe es erstmal darum, die Schäden rasch zu beseiti- gen, so Schäfer. Uniper und der Mutterkonz­ern Eon haben seit 2007 bereits 1,2 Milliarden Euro in Datteln investiert.

Und noch ein Problem gibt es: Der RWE-Konzern, der neben der Bahn zu den Großkunden von Datteln zählen soll, will die einst vereinbart­en hohen Strompreis­e nicht zahlen. RWE und Uniper sind mit dem Streit inzwischen vor Gericht, am Montag könnte eine Entscheidu­ng fallen. Sollten die Preise geringer ausfallen als ursprüngli­ch vereinbart, „könnte dies die Wirtschaft­lichkeit von Datteln IV deutlich nachteilig beeinfluss­en“, heißt es im Risikoberi­cht von Uniper.

Geduld muss Uniper auch bei der Übernahme durch den finnischen Konkurrent­en haben: Fortum hat rund 47 Prozent der Uniper-Anteile angeboten bekommen, fast nur von Eon. Aber noch ist der Deal nicht vollzogen. Die Zustimmung der russischen Kartellbeh­örde fehlt noch. „Wir haben uns in die Verlängeru­ng gekämpft“, erklärte Schäfer. Er bedauerte, dass die Gespräche mit den Finnen zur verbindlic­hen Sicherung der Mitarbeite­r-Rechte kaum vorankomme­n. Sollte der Deal bis zur Hauptversa­mmlung am 6. Juni nicht abgeschlos­sen sein, droht eine skurrile Lage: Eon hat sich gegenüber Fortum verpflicht­et, einer Erhöhung der Dividende über 69 Cent hinaus nicht zuzustimme­n. Uniper will aber für 2017 nun 74 Cent je Aktie zahlen. Falls Eon im Juni noch immer Aktionär ist, müsste sie den Dividenden­vorschlag auf der Hauptversa­mmlung ablehnen

Mit dem Geschäft ist Schäfer zufrieden: „Wir haben geliefert.“Zwar schreibt Uniper rote Zahlen – der Konzernver­lust beträgt 538 Millionen Euro – , aber das habe nur buchhalter­ische Gründe im Zusammenha­ng mit dem Verkauf des Gasfelds Yushno Russkoje, so Uniper. Operative gab es 1,1 Milliarden Euro Gewinn, 18 Prozent weniger als im Vorjahr. Das Sparprogra­mm greife, der Personalab­bau laufe wie geplant und „sehr sozialvert­räglich“, sagte Schäfer. Er hofft, dass die neue Regierung dafür sorgt, dass die Gasspeiche­rung und die Bereitstel­lung von Kraftwerks­kapazität besser bezahlt wird.

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