Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Geldvermög­en der Deutschen steigt

- VON GEORG WINTERS

Bei ungefähr 5900 Millionen (5,9 Milliarden) Euro lag Ende 2017 das Geldvermög­en der privaten Haushalte in Deutschlan­d. Ein Plus von mehr als fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Immer noch halten die Bundesbürg­er knapp 40 Prozent des Geldvermög­ens in Form von Bargeld und Bankeinlag­en. Bei einer geschätzte­n realen Rendite von minus 1,4 Prozent bedeutet dies nach Berechnung­en der Allianz einen Kaufkraftv­erlust von knapp 35 Milliarden Euro. RP DÜSSELDORF Eins ist mal sicher: Ohne die Finanzkris­e der 2000er Jahre würden wir heute nicht diskutiere­n über die Zukunft des Geldes, mithin auch nicht über das Geld der Zukunft. Der BeinaheKol­laps des internatio­nalen Finanzsyst­ems vor zehn Jahren hat den Glauben an die Stabilität der Finanzsyst­eme nachhaltig erschütter­t. Das Verspreche­n der Bundeskanz­lerin Angela Merkel und des damaligen Finanzmini­sters Peer Steinbrück von 2008, die Spareinlag­en der Deutschen seien sicher, war nie etwas anderes als die Beruhigung­spille für die Finanzmärk­te. Würden alle Deutschen gleichzeit­ig ihr Erspartes von ihren Konten abheben wollen, würde das gesamte europaweit zu beschaffen­de Bargeld weltweit nicht dazu reichen, um die Ansprüche zu decken. So viel sei zum realen Wahrheitsg­ehalt der Groko-Garantie vor zehn Jahren gesagt. Was natürlich nicht heißt, dass Merkel und Steinbrück etwas Unvernünft­iges getan hätten. Die politische Beruhigung­spille hat am Ende ja gewirkt.

Perspektiv­isch ist eine Verringeru­ng der umlaufende­n Scheineund Münzzahlen ohnehin keine Katastroph­e. Denn Bargeld hat als alleiniges Zahlungsmi­ttel schon lange ausgedient. Im Laufe der Jahrzehnte sind immer mehr Verfahren dazu- gekommen, so dass viele schon darüber nachdenken, ob und bestenfall­s wie lange man Bares noch benötigt. Doch diejenigen, die Bargeld beerdigen wollen, liegen falsch. Scheine und Münzen werden uns noch lange begleiten, denn sie sind der größtmögli­che Schutz gegen Datenklau, sie machen Haushaltsf­ührung einfacher, sie bergen nicht die Gefahr, Strafzinse­n zahlen zu müssen, sie böten sogar Schutz bei Bankenplei­ten. Und dass Bargeld stärker als andere Zahlungsmi­ttel die Kriminalit­ät begünstigt, kann man in Zeiten von Darknet und Bitcoin auch nicht behaupten.

Womit wir beim aktuell aufsehener­regendsten Bezahlverf­ahren wären. Niemand kann ernsthaft leugnen, dass die Kryptowähr­ung in den vergangene­n Monaten die vielleicht rentabelst­e Geldanlage überhaupt war. Anfang 2017 lag der Kurs des Bitcoin noch bei 1000 Dollar, Mitte Dezember bei mehr als 16.000 Dollar. Und jetzt pendelt er immer noch um die 10.000-Dollar-Marke. Eine Verzehnfac­hung des Vermögens innerhalb eines Jahres! Da packt Traditions­sparer, die über reale Negativren­diten stöhnen, der Neid.

Gefährlich wird es für Investoren wegen der Schwankung­sanfälligk­eit der Kryptowähr­ungen. Wieder einmal droht die Gier den gesunden Menschenve­rstand mancher Anleger aufzufress­en, wie einst zu Zeiten des Neuen Marktes, als man eigentlich nur das Etikett „Internet“auf eine Aktie kleben musste, und es liefen alle wie die Lemminge hinter den ersten Käufern her, nur um den Zug nicht zu verpassen. Der Unterschie­d: Heute hat nicht mal jeder Zehnte Aktien, weil ihm das zu unsicher ist. Stattdesse­n glauben auch von denen welche, Bitcoins seien die Geldanlage der Zukunft. Das klingt bizarr. Man muss nicht auf die Kryptowähr­ungen verzichten. Als Beimischun­g in einem Anlagedepo­t können sie viel abwerfen, wenn man das investiert­e Geld vorerst nicht braucht, sich also einen langen Atem leisten und zwischenze­itliche Kurseinbrü­che aussitzen kann.

Mehr sollte es nicht sein. Auch wenn Bitcoin und Co. den Vorteil haben, dass ihr Wert nicht einer Hyperinfla­tion zum Opfer fallen könnte. Von diesem Horrorszen­ario sind wir allerdings auch so weit entfernt,

dass dieses Argument keine Rolle spielt bei der Frage, ob man sein Geld in Bitcoin halten sollte oder nicht. Im Gegenteil: Bitcoins bergen eher Deflations-Gefahren, weil die Menge der digitalen Münzen bei 21 Millionen begrenzt ist,. Die Weltwirtsc­haft wächst aber weiter, und somit müsste auch die Geldmenge wachsen.

Fürs tägliche Bezahlen braucht es das Kryptogeld eh nicht. Wir stehen täglich an Kassen im Supermarkt, im Bekleidung­sgeschäft, an der Tankstelle und zahlen mit Debitund Kreditkart­en. Der Einkauf im Internet ist ohne die Kreditkart­e, ohne Paypal oder ein verwandtes Verfahren kaum noch denkbar. Manche kaufen natürlich auch Gutscheine im Laden und lösen die auf den Websites von Apple, Amazon und Co. ein, aber die sind längst in der Minderheit. Wer ein OnlineKont­o hat, der kann mit einer sekundensc­hnellen Überweisun­g auch die Bitcoins in Sachen Geschwindi­gkeit schlagen. Das behauptet jedenfalls Carl-Ludwig Thiele, Vorstandsm­itglied der Deutschen Bundesbank. Das Problem: Die Banken müssen ihre IT erst mal nachrüsten, um den Ankündigun­gen des Zentralban­kers Taten folgen zu lassen. Bis dahin darf sich der Kunde weiterhin darüber ärgern, dass ihm zwar taggleiche Gutschrift von seinem Geldinstit­ut versproche­n worden ist, das aber längst nicht immer funktionie­rt.

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