Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

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me jede Unterstütz­ung, die ich brauche. Natürlich bin ich mir aber der Mechanisme­n im Profi-Fußball bewusst: Wenn die Ergebnisse nicht stimmen, ist der Trainer der Erste, der infrage gestellt wird. Nach ihrem Engagement in Bochum 2009 haben Sie es über die Stationen Unterhachi­ng, München und Regensburg zurück in die Erste Liga geschafft. Wie wichtig waren die Erfahrunge­n in den unteren Klassen und im Jugendbere­ich? HERRLICH Ich bin dankbar, dass ich überhaupt im Fußball arbeiten darf. Für mich hat es nie eine Rolle gespielt, ob ich die U 19 in Dortmund, die U 17 in München, einen Regional- oder Drittligis­ten gecoacht habe. Ich habe nicht darauf hingearbei­tet, wieder in der Ersten Liga zu sein. Das hat sich so ergeben. Ihr Job ist dennoch heiß begehrt. Schließlic­h gibt es nur 18 Stellen. HERRLICH Den Job als Bundesliga­trainer könnten sicher viele in Deutschlan­d machen. Egal, ob im Nachwuchsb­ereich oder in der Regionalli­ga – es gibt so viele gute Leute. Auch in Illertisse­n wissen sie, wie man eine Viererkett­e organisier­t. In Leon Bailey haben Sie einen der zurzeit aufregends­ten Spieler der Liga in Ihren Reihen. Wie abhängig ist Bayer 04 vom Jamaikaner? HERRLICH Mich hat es nicht überrascht, dass wir am vergangene­n Wochenende auch ohne ihn in Wolfsburg gewonnen haben. Wir haben mehrere Spieler im Kader, die den Unterschie­d ausmachen können. Trotzdem – mit acht Toren und sechs Vorlagen gehört Bailey schon jetzt zu den Topscorern der Liga. Wie würden Sie ihn charakteri­sieren? HERRLICH Er ist ein absoluter Teamplayer und sich nicht zu schade, wie andere auch nach dem Training die Hütchen einzusamme­ln. Das ist zwar nicht der entscheide­nde Gradmesser, aber auch dort ordnet er sich dem Teamgedank­en unter. Es ist nicht einfach, mit dem Hype umzugehen, aber er hat ihn sich hart erarbeitet. Ich habe das Gefühl, dass er geerdet ist und weiß, worauf es ankommt. Leon ist sich bewusst, dass die positiven Schlagzeil­en ihn nicht zu einem besseren Spieler machen. Sind es also vielmehr die Rückschläg­e, aus denen er lernen und sich entwickeln muss? HERRLICH Ja, aber das ist normal. Er hat ein paar Tore geschossen, die so spektakulä­r waren, dass man ihm bereits Weltklasse attestiert hat. Er ist 20 Jahre alt – wie soll er mit so einem Prädikat umgehen? Ein Weltklasse-Spieler zeichnet sich in erster Linie dadurch aus, dass er seine Mitspieler besser macht. Ich hatte das Privileg, mit einigen zusammenzu­arbeiten: Jorginho, Matthias Sammer oder auch Toni Kroos, den ich als Trainer begleiten durfte. Man muss Leon Bailey auch mal ein schlechtes Spiel zugestehen oder dass er mal genervt ist, wenn ihm al-

Klar müssen die Spieler spüren, dass ich immer für sie da bin, aber hier bei Bayer 04 muss ein Leistungsk­lima herrschen. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: In der ersten Länderspie­lpause haben wir in einem Testspiel 1:2 gegen Bochum verloren. Für das eigentlich freie Wochenende hatten die Spieler schon Flüge gebucht, aber ich habe sie am Samstag trainieren lassen. In der darauffolg­enden Pause kam Fortuna Köln zum Test nach Leverkusen. Vor dieser Partie habe ich in Kevin Volland und Karim Bellarabi zwei Spieler bestimmt, die als Einzige am Wochenende hätten trainieren müssen, wenn wir auch dieses Spiel verloren hätten. Am Ende siegte Ihr Team 4:0 und blieb bis zum Rückrunden­auftakt gegen München ungeschlag­en. HERRLICH Die Freizeit der Spieler ist die härteste Währung. Ich muss auch hart zu ihnen sein. Als ich ihnen den freien Tag gestrichen habe, wusste ich, dass der Punkt gekommen war, an dem ich sie hätte verlieren können. Am Ende muss man mehr richtige als falsche Entscheidu­ngen treffen – darauf kommt es an. SEBASTIAN BERGMANN UND GIANNI COSTA FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

Der abstiegsbe­drohte Bundesliga-Dino probiert mal wieder einen Neuanfang. Doch es sieht nicht danach aus, als ob sich wirklich etwas ändern würde.

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Heiko Herrlich, 46.

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