Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Mehr Athleten als je zuvor

- VON JESSICA BALLEER

Zwei Wochen nach den Olympische­n Spielen hat Pyeongchan­g auf das nächste Großereign­is umgeschalt­et: Die Paralympic­s beginnen. 670 Sportler sind dafür angereist.

PYEONGCHAN­G/DÜSSELDORF In Südkorea ist die Sonne aufgegange­n. Sie hat den paralympis­chen Teams aus aller Welt einen warmen Empfang bereitet. Nach den Olympische­n Spielen, die durch Wetterkapr­iolen beeinträch­tigt wurden, hat auch das deutsche Team das Dorf der Athleten bezogen. „Es hat geschneit. Nun ist es sonnig, und die Strecken sind top präpariert“, sagt Friedhelm Julius Beucher im Gespräch mit unserer Redaktion. Zwar glänzt nicht alles in Pyeongchan­g. Doch der Präsident des Deutschen Behinderte­nsportverb­ands (DBS), die Athleten und das Team ums Team – sie sind bereit für die Spiele.

Rund 670 behinderte Sportler aus 49 Nationen feiern heute die Eröffnung – ein Rekord. In Sotschi waren es 547. Die deutsche Fahne trägt Paraskilan­gläuferin und Biathletin Andrea Eskau (46). Auf dem Plan stehen 80 Wettbewerb­e in sechs Sportarten. Erstmals nehmen Nordkorea, Georgien und Tadschikis­tan teil. Welche Sportarten gibt es? Para Ski alpin, Para Langlauf, Para Biathlon, Rollstuhlc­urling, Para Eishockey und Para Snowboard sind die sechs Sportarten. In jedem einzelnen Wettbewerb gibt es zum Teil verschiede­ne Kategorien je nach Art und Grad der Behinderun­g. Zum Teil wurden die Wettkampfa­nlagen nach Olympia 2018 umgebaut. Die Schießanla­gen für die sehbehinde­rten Biathleten etwa, die mit Lasergeweh­r und nach Gehör zielen. Wo hat Deutschlan­d Siegchance­n? Das deutsche Team besteht aus 20 Sportlern – und damit sieben mehr als in Sotschi 2014. Ein Rollstuhlc­urling-Team und 15 Einzelspor­tler wollen für Deutschlan­d Medaillen holen. Die größte deutsche Medaillenh­offnung ist Monoskifah­rerin Anna Schaffelhu­ber (25). Fünf Starts, fünf Siege legte sie vor vier Jahren in Sotschi hin. Auch Andrea Eskau gehört zur Weltspitze. „Wenn unsere Athleten pünktlich ihre Leistung abrufen können, sind wir vorne dabei. Aber auch fünft-, sechstoder siebtbeste­r Parasportl­er der Welt zu sein, wäre ein tolles Ergebnis“, sagt Beucher. Eine Medaillenv­orgabe des DBS gibt es nicht. 15 Medaillen gab es in Sotschi. Wann und wo werden die Wettkämpfe übertragen? Besonders ist das Angebot im Deutschen Olympiamus­eum in Köln. Hier gibt es eine Art „Rudelgucke­n“. Wegen der achtstündi­gen Zeitversch­iebung finden erneut viele Wettkämpfe zur deutschen Nachtzeit statt. Besonders spät sind viele Alpin-Rennen, meist ab 1.30 Uhr. Auch Biathleten und Langläufer starten aus heimischer Sicht mitten in der Nacht. Beim Rollstuhlc­urling finden einige Spiele mit deutscher Beteiligun­g am Vormittag statt. ARD und ZDF übertragen an den neun Wettkampft­agen rund 65 Stunden live – und damit weit mehr als in Sotschi. Wie hoch sind die Prämien? Die Paralympic­s-Athleten bekommen die gleichen Prämien wie die nicht-behinderte­n bei den Winterspie­len. Der Olympiasie­g bringt 20.000 Euro, Silber 15.000 und Bronze 10.000 Euro. Welche Rolle spielt Doping? 600 Dopingtest­s hat das IPC angekündig­t. Dass rund 30 russische Sportler unter neutraler Flagge starten dürfen und nun auch die russische Para-Athletin Mikhalina Lysova trotz Dopingvorw­ürfen zugelassen wurde, „können wir nicht nachvollzi­ehen“, sagt Bundestrai­ner Ralf Rombach. Der Ärger des DBS-Präsidente­n Beucher wurzelt noch tiefer. Hatte das IPC noch bei den Sommerspie­len für Rio 2016 rigoros entschiede­n, Russland auszuschli­eßen, hat es sich nun der Linie des Internatio­nalen Olympische­n Komitees (IOC) angeschlos­sen.

„IOC und IPC haben sich aus der Verantwort­ung gemogelt. Nach meiner Auffassung und der des DBS haben Menschen, die Dopingrege­ln nicht zweifelsfr­ei einhalten, bei den Spielen nichts zu suchen“, sagt Beucher. Wohl ein Grund für die neue Inkonseque­nz: der neue IPC-Präsident Andrew Parsons. „Ich habe erwartet, dass er sich der Linie seines Vorgängers Sir Philip Craven anschließt“, sagt Beucher. Im „Team D“herrscht Einigkeit: Ein dopingfrei­er Sport sei die Voraussetz­ung für fairen Sport. Warum gibt es Kritik? Die Entscheidu­ng des Internatio­nalen Paralympis­chen Komitees (IPC), die Spiele nach Pyeongchan­g zu vergeben, kritisiert der DBS nach wie vor. „Sportorgan­isationen sind nicht dazu da, mit Winterspie­len neue Winterspor­tdestinati­onen zu erschließe­n“, sagt Beucher, den der Umgang mit Natur und Ressourcen ärgert. Spannend wird zudem der Blick auf die Tribünen. Bei Olympia blieben sie wegen Wind und Kälte allzu oft allzu leer. Nun aber lautet die Wettervorh­ersage: heiter und deutlich über null Grad. Im Januar vermeldete Südkorea schon, mehr als die Hälfte der Tickets sei verkauft. Die Bühne für die Kämpfe um Medaillen und Ehre, sie ist bereitet.

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FOTOS: IMAGO (6), DPA (2), THINKSTOCK | GRAFIK: FERL

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