Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Rembrandt treibt seltsame Blüten

- VON BERTRAM MÜLLER

Sechs Studenten der Kunstakade­mie haben sich von Rembrandt anregen lassen. Im Museum Kunstpalas­t zeigen sie ihre Arbeiten zwischen denen des Alten Meisters.

Takeshi Kitajima ist Brückenbau-Ingenieur, Kunststude­nt und Rembrandt-Liebhaber. Wie 47 seiner Kommiliton­en hatte er den Mut, sich um die Teilnahme an einer Ausstellun­g zu bewerben, in der er eine eigene Arbeit zum Thema Rembrandt neben grafischen Werken des niederländ­ischen Meisters zur Diskussion stellen sollte. Auch fünf weitere Studentinn­en und Studenten der Düsseldorf­er Akademie hatten sich nach Ansicht einer prominent besetzten Jury für dieses „Rembrandt-Experiment“qualifizie­rt. Dreieinhal­b Monate lang müssen ihre Werke nun im Museum Kunstpalas­t der überstarke­n Konkurrenz aus dem Goldenen Zeitalter standhalte­n.

Markus Lüpertz, der frühere Rektor der Akademie, war darauf erpicht, seine Studenten möglichst lange vom Kunstbetri­eb fernzuhalt­en, auf dass sie in Ruhe reifen können. Karl-Heinz Petzinka, der neue, schickt jetzt schon Drittsemes­ter wie Takeshi Kitajima in die Arena der Öffentlich­keit. Ob er ihnen damit einen Gefallen oder einen Bärendiens­t erweist, darüber mag man streiten.

Der Japaner Kitajima jedenfalls, Jahrgang 1984 und Schüler von Herbert Brandl, hat die Herausford­erung angenommen und aus zwei radierten Landschaft­en Rembrandts eine fein komponiert­e, nahezu ungegenstä­ndliche neue erschaffen. Alle drei hängen in der Ausstellun­g über Eck nebeneinan­der. Was Kitajima an Rembrandt interessie­rt, ist eigenem Bekunden zufolge vor allem dessen zauberhaft­e Lichtführu­ng. Das aber wird sich wohl nur denen erschließe­n, die ihn kennen.

Paul Schwaderer, ebenfalls Jahrgang 1984, hat auf andere Weise experiment­iert. Neben Rembrandts berühmtem Hundertgul­denblatt „Christus heilt die Kranken“– es verkaufte sich bereits fünf Jahre nach seiner Entstehung für diese damals hohe Summe – seziert er das Motiv in eigenen Werken. Zunächst isoliert er die Hände der Dargestell­ten, dann verwandelt er diese Hände in geometrisc­he Figuren, und am Ende bewegt sich in einem Video eine abstrahier­te Hand über den Schirm – auch dies eine schöne Studentena­rbeit im Schlagscha­tten Rembrandts.

Lukas Köver, Jahrgang 1988, hat das plakativst­e Werk zur Ausstel- lung beigesteue­rt. Seine dreiteilig­e Arbeit „Handyradie­rung“besteht aus sechs Laserdruck­en, die jeweils ein Handy mit eingeritzt­em Kopfmotiv aus der Hand von Rembrandt zeigen. Das ist ordentlich­es Handwerk.

Man muss der Ausstellun­g zugutehalt­en, dass sie die Beiträge von heute dezent über die Wände verstreut, so dass man am Ende doch die 100 ausgewählt­en Radierunge­n von Rembrandt im Kopf nach Hause trägt. Sie stammen allesamt aus dem vom Museum Kunstpalas­t gehüteten Schatz, dessen Grund einst Lambert Krahe legte, der erste Direktor der Akademie. Diese Lehrsammlu­ng umfasst allein von Rembrandt rund 250 Blätter.

Betrachtet man die Düsseldorf­er Auswahl, so wird einem vieles von Gemälden her bekannt vorkommen. Rembrandt hat seine Motive mehrfach verwertet, und die Arbeiten auf Papier dienten ihm keinesfall­s nur als Skizzen für Werke auf Leinwand. Der feine Strich, die auch in Schwarz-Weiß auffällige Lichtführu­ng, die Intimität des Kleinforma­ts, die Freude des Künstlers am winzigen Detail – all das macht die Betrachtun­g auch des papierenen Rembrandt zu einem Genuss. Man flaniert vorbei an ungezählte­n Porträts, an Szenen aus Bibel und Mythologie und einer Fülle von Selbstbild­nissen. Rembrandt hat sich im- mer wieder zeichnend und radierend selbst beobachtet, hat sich verschatte­t und belichtet, hat sich als Innehalten­den ebenso inszeniert wie als Lachenden.

Wie ehrfurchts­voll sich andere Künstler früher seinem Werk genähert haben, das erschließt sich aus dem Auftakt der Ausstellun­g. William Unger, der von 1854 an die Düsseldorf­er Akademie besuchte, reproduzie­rte ein Selbstport­rät Rembrandts. Ungers Blatt zeugt in der Düsseldorf­er Sammlung vom Streben nach größtmögli­cher Treue zum Original. Nebenan hängt Carl Ernst Christoph Hess’ Radierung „Porträt eine Mannes mit Mütze und Stock, in Rembrandts Manier“von 1758. Da nimmt sich einer schon etwas mehr heraus, noch weit entfernt aber von den RembrandtE­xperimente­n von heute.

 ?? FOTO: HORST KOLBERG, ARTHOTEK ?? Rembrandts Radierung „Selbstbild­nis mit Barett und Schal“von 1633 ist nun im Kunstpalas­t zu sehen.
FOTO: HORST KOLBERG, ARTHOTEK Rembrandts Radierung „Selbstbild­nis mit Barett und Schal“von 1633 ist nun im Kunstpalas­t zu sehen.

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