Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Sind Dividenden besser als Zinsen?

- VON MATTHIAS VON ARNIM

In den USA steigen die Zinsen, die Europäisch­e Zentralban­k hält sich mit Zinserhöhu­ngen noch zurück. Für die Entwicklun­g von Anleihen hat das Konsequenz­en. Anleger, die laufende Einnahmen erzielen wollen und auf den Werterhalt ihres Vermögens achten, sollten jetzt vorsichtig taktieren und mögliche Alternativ­en zu Anleihen ins Auge fassen.

Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) lässt zwar immer noch die Gelddruckw­alzen kräftig rotieren. Sie belässt die Zinsen niedrig und kauft monatlich Staatsanle­ihen auf. Mario Draghi sorgt damit weiterhin für gute Laune an Europas Börsen. Aber der Notenbankc­hef kennt auch die Schattense­ite: Billiges Geld dank niedriger Zinsen ist zwar ein Geschenk für Anleger, die in Aktien investiere­n – aber ein Graus für Rentenpapi­ere und Zinssparer. Bundesanle­ihen bringen kaum noch positive Erträge. Wer wenigstens zwei oder drei Prozent Rendite einfahren will, muss schon auf Anleihen von Unternehme­n mit niedriger Bonität ausweichen.

Dazu kommt: Auf der anderen Seite des Atlantiks zieht die US-Notenbank die Zinszügel seit geraumer Zeit wieder enger an. Das bringt die EZB über kurz oder lang unter Handlungsd­ruck. Würde sie dem Beispiel der US-Amerikaner folgen, würde das für Anleihen, die auf Euro lauten, Kursver- luste bedeuten. Für Anleger, die diese Papiere im Depot halten oder jetzt mit dem Gedanken spielen, Euro-Anleihen zu kaufen, ist das keine angenehme Perspektiv­e.

Wer als konservati­ver Investor Wert auf regelmäßig­en Kapitalflu­ss aus festverzin­slichen Anlagen legt und gleichzeit­ig ruhig schlafen möchte, kommt angesichts dieser Situation zu Recht ins Grübeln. Die Finanzindu­strie lockt Anleger deshalb seit geraumer Zeit mit dem Slogan „Dividenden sind die neuen Zinsen“und wirbt für Indexfonds, die eine Dividenden­strategie verfolgen, darunter der ETF Euro Stoxx Select Dividend 30 von iShares (WKN 263528), der die Wertentwic­klung der 30 dividenden­stärksten Aktien aus den Ländern der Eurozone nachvollzi­eht.

Der Index, der dem ETF als Basiswert dient, enthält ausschließ­lich Unternehme­n, deren Dividende in den vergangene­n fünf Jahren nicht gesunken ist und bei denen das Verhältnis von Dividende zu Gewinn je Aktie höchstens 60 Prozent beträgt. Wichtig für Dividenden­jäger: Der ETF schüttet regelmäßig die Dividenden der im Index enthaltene­n Aktien aus.

Weitere Beispiele für Dividenden-Produkte sind die beiden ETFs auf den Stoxx Global Select Dividend 100 Index von x-trackers (WKN DBX1DG) und iShares (WKN A0F5UH). Der Index, auf den sich die beiden ETFs beziehen, enthält 100 Aktien mit hohen Dividenden­ausschüttu­ngen aus dem Stoxx Global 1800 Index, der sich aus 600 europäisch­en, 600 nordamerik­anischen und 600 Werten aus dem asiatisch-pazifische­n Raum zusammense­tzt. Der Index ist dadurch breiter diversifiz­iert als der Euro Stoxx Select Dividend 30 Index – enthält aber aufgrund der weltweiten Streuung auch ein gewisses Währungsri­siko.

Sieht man sich die Wertentwic­klung der Finanzprod­ukte in den vergangene­n Jahren an, muss man feststelle­n: Die Idee, in Dividenden-Strategien zu investiere­n, ist an sich nicht schlecht, die Dividenden­rendite liegt in der Regel über dem, was Sparer von einer Bundesanle­ihe erwarten können.

Auch wenn ein hoher Dividenden-Kupon lockt, gilt jedoch: Eine höhere Renditecha­nce bedeutet auch ein höheres Risiko. Der Vergleich zwischen Dividenden-Titeln und Anleihen hinkt deshalb etwas. Wer in eine Bundesanle­ihe investiert, bekommt am Ende der Laufzeit 100 Prozent des Nominalwer­tes zurückgeza­hlt. Die Ausfallwah­rscheinlic­hkeit liegt dort bei nahe null Prozent. Die Rendite über die Laufzeit und das Risiko von Kursverlus­ten lassen sich sehr genau kalkuliere­n. Das gilt für Aktien nicht. Aktien haben keine Laufzeit. Sie können theoretisc­h unendlich im Wert steigen – aber auch stark an Wert verlieren. Deshalb sollten Anleger ihr Risiko bei der Anlage in Dividenden­aktien reduzieren, indem sie ihr Kapital breit streuen.

Bei der Auswahl der Investment­s gilt es deshalb, genau hinzusehen. ETFs auf klassi- sche Aktienindi­zes oder aktiv gemanagte Dividenden-Fonds bieten zwar eine gewisse Verteilung des Risikos auf verschiede­ne Aktien. KlumpenRis­iken sind aber nicht ausgeschlo­ssen. Im Stoxx Global Select Dividend 100 Index beispielsw­eise, der zu einem Drittel Aktien aus den USA und Kanada enthält, findet sich unter den Top-10 keine deutsche Aktie. Beim aktiv gemanagten Verkaufssc­hlager, dem Fonds DWS Top Dividende (WKN 984811), liegt der Nordamerik­a-Anteil bei 43 Prozent, die Eurozone ist nur zu rund 20 Prozent vertreten.

Als Anleger muss man sich da fragen, ob man fast zur Hälfte in US-Dollar-Werten investiert sein will. Es ist eine grundsätzl­iche Entscheidu­ng. Auch die Branchenve­rteilung sollten sich Anleger genau ansehen. Der Dax zum Beispiel besteht zu einem Viertel der Gewichtung aus Finanztite­ln. Entspreche­nden Einfluss hätte es auf den Index, wenn die Finanzbran­che noch einmal unter Druck geraten und die Kurse stark sinken würden.

Auch der Dividenden­index DivDax bietet dazu keine wirkliche Alternativ­e: In den vergangene­n fünf Jahren haben sich die beiden Indizes nahezu identisch entwickelt. Deshalb sollten Anleger sich die Zusammense­tzung der Indizes, die den ETFs als Basiswert dienen, genau ansehen und einen Mix zusammenst­ellen, der Klumpenris­iken bei Währungen und Branchen vermeidet. Langfristi­g sollte solch ein gut gemischtes internatio­nales Aktien-Portfolio ohnehin mehr Rendite bringen als Anleihen – selbst ohne Blick auf die Dividenden­rendite.

Billiges Geld dank niedriger Zinsen ist

ein Graus für Rentenpapi­ere und

Zinssparer Anleger ihr Risiko bei der Anlage in Dividenden­aktien reduzieren und

breit streuen

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