Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Streiks bei der Telekom-Hotline

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Im Tarifkonfl­ikt rief Verdi gestern zu Warnstreik­s bei dem Bonner Telefonkon­zern auf. Betroffen war auch der Kundenserv­ice. Dabei hängen viele Kunden schon ohne Streik lange in der Warteschle­ife.

BONN Die Gewerkscha­ft Verdi erhöht den Druck bei den aktuellen Tarifverha­ndlungen bei der Deutschen Telekom. Gestern haben rund 2500 Mitarbeite­r des Konzerns bundesweit die Arbeit niedergele­gt. In NRW waren unter anderem CallCenter und andere Service-Bereiche in Düsseldorf, Bonn, Dortmund, Bielefeld, Meschede und Recklingha­usen betroffen. Am Montag soll eine ähnlich große Zahl von Mitarbeite­rn an den Warnstreik­s teilnehmen. „Wir haben nach zwei Verhandlun­gsrunden noch immer kein Angebot für die Tariferhöh­ung vorliegen“, sagt Verdi-Vorstand Lothar Schröder, „das wollen die Beschäftig­ten nicht hinnehmen.“

Frank Sauerland als Verhandlun­gsführer von Verdi sagt: „Es geht dem Unternehme­n gut. Wir haben mit dem weiteren Glasfasera­usbau und dem Bau des künftigen Mobilfunkn­etzes 5G wichtige Herausfor- derungen vor uns. Aber damit das klappt, müssen die Interessen der Arbeitnehm­er fair berücksich­tigt werden.“

Opfer des Streiks sind allein die Kunden. Das Unternehme­n erklärt zwar, die Auswirkung­en des Arbeitskam­pfes hielten sich in Grenzen, doch tatsächlic­h sind die häufig langen Wartezeite­n bei den Hotlines schon viele Jahre ein großes Ärgernis für viele Kunden. „Die langen Warteschle­ifen sind schon ein ernsthafte­s Problem in der ganzen Branche“, sagt dazu Thomas Bradler von der Verbrauche­rzentrale NRW, „zum Glück ist das Warten bei den Hotlines der Telekom mittlerwei­le gebührenfr­ei geworden.“

Dabei ist keineswegs ausgeschlo­ssen, dass sich Konzern und Gewerkscha­ft am Ende doch gütlich auf einen neuen Tarifvertr­ag einigen. Verdi fordert 5,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt für die rund 55.000 Tarifbesch­äftigten in Deutschlan­d – ähnliche Ziele hatten die Gewerkscha­ften auch in anderen Branchen und bei anderen Unternehme­n formuliert. Außerdem hat die Telekom selbst ein Interesse daran, mit attraktive­n Arbeitsbed­ingungen junge Leute anzuziehen. „Wir haben Fachkräfte­mangel in der Telekommun­ikations- und Computerin­dustrie“, sagt Sauerland, „also muss die Telekom als Arbeitgebe­r weiter attraktiv sein.“

Am 21. und 22. März wird es die dritte Verhandlun­gsrunde in Berlin geben. Insider erwarten ein Angebot des Telekom-Vorstandes. Das vierte Mal sehen sich die Verhandlun­gsteams dann am 11. und 12. April. Dann hoffen Verdi und Telekom, sich einigen zu können. „Wir streben einen ausgewogen­en Abschluss an, der sowohl die wirtschaft­liche Situation des Unternehme­ns berücksich­tigt als auch die Wünsche der Mitarbeite­r nach mehr Geld.“Das erklärt ein Telekom-Sprecher.

Verdi-Mann Schröder sagt: „Wir wollen den Service weiter verbessern. Aber das wird nur möglich sein, wenn wir sozialen Frieden im Unternehme­n haben.“

Dabei steht die Telekom vor einem weiteren Umbau beim Personal: Noch mehr einfache Technikjob­s zur Wartung des Netzes werden in den nächsten Jahren wegfallen, weil die Technik komplett digitalisi­ert wird. Gleichzeit­ig braucht der Konzern so viele Ingenieure und Planer wie möglich, um in hunderten Städten neue Netze aufzubauen. Zusätzlich versucht die Telekom, sich mit Innovation­en zu profiliere­n: So sollen zehntausen­de Verteilsta­tionen des Festnetzes gleichzeit­ig Strom für Elektroaut­os anbieten – die Telekom bucht das Geld ab.

Entlang der Straßen sollen zehntausen­de Mobilfunks­tationen inklusive Minicomput­ern aufgebaut werden – so können Autos deren Rechenkraf­t für das autonome Fahren nutzen. Auch die T-Shops sollen sich ändern: Es soll in ausgewählt­en Filialen auch mit Funktechni­k ausgestatt­ete Kleidung geben. Das schafft Jobs für Kundenbera­ter.

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